Vampir-Horror-Roman Nr. 293: Der Teufelsanbeter

Vampir-Horror-Roman Nr. 293: Der Teufelsanbeter


Der schwarze Ford Kombi mit dem Freiburger Kennzeichen geriet in die Polizeikontrolle am Frankfurter Nordwestkreuz. 15 Uhr war es, ein stürmischer Wind blies. Der Kombi wollte in Richtung Innenstadt fahren und mußte wie die anderen Fahrzeuge anhalten. Langsam rückte die Fahrzeugschlange vor. Polizeibeamte kontrollierten die Papiere und die Beleuchtung der PKWs. Wagen, die ihnen nicht ganz verkehrssicher erschienen, winkten sie aus der Fahrzeugreihe auf die Seite, um sie genauer unter die Lupe zu nehmen. Polizeihauptmeister Rüdiger Overdiek näherte sich dem Ford. Die beiden Männer vorn im Wagen schauten ihm ruhig entgegen. Der Fahrer war etwa vierzig Jahre alt oder sah wenigstens so aus. Er hatte dunkles, halblanges Haar und war sehr elegant gekleidet. Er lächelte charmant, obwohl es keinen besonderen Anlaß gab. Sein Beifahrer schien im gleichen Alter zu sein und wirkte ganz durchschnittlich. Ein Mann mit einer Halbglatze und einem schwarzen Rollkragenpullover, an den niemand einen zweiten Blick verschwendete. Overdiek litt schon den ganzen Tag an quälenden Kopfschmerzen. Drei starke Tabletten hatten nicht geholfen, Jetzt, während er sich die beiden Insassen des schwarzen Fords anschaute, flog ihn eine neue Schmerzwelle an. Er unterdrückte ein Stöhnen, vor seinen Augen verschwamm alles. Doch abrupt sah er klar. Er stieß einen halblauten Schreckensschrei aus. Denn der Beifahrer des Ford Kombi hatte sich verwandelt. Oder er zeigte sein wahres Äußeres. Statt des unscheinbaren Mannes mit der Halbglatze saß jetzt eine Schreckensgestalt in dem Wagen.


von Earl Warren, erschienen 1978, Titelbild: JAD
Rezension von Adee:


Kurzbeschreibung:
Spoiler folgen: Der geheimnisvolle Graf von Saint-Germain und der noch geheimnisvollere Untote Tatane bringen den entführten Hexenhammer Derek Hammer nach Frankfurt in die schmucke Villa des Grafen, wo das ungewöhnliche Personal schon wartet. Der bucklige Diener, der ein Werwolf ist - und dem der Graf Pillen gegen seine Beißtriebe gibt - und die Haushälterin Lady Blanche, die eine Vampirin ist. Der mehr oder weniger komatöse Hammer wird in den Keller verfrachtet. Tatane verhört ihn, denn er will unbedingt erfahren, was mit dem Dämon Lemuron nun geschah.
Am selben Abend gibt der Graf eine Party für die Schönen und Reichen. Es kommt auch die attraktive Diana Fischer. Diana ist eine Banshee, deren magische Hexenfähigkeit ein Supergehör ist. Sie interessiert sich für das Okkulte und gehört einer Gruppe von Teufelsanbeterinnen/Hexen an, die sie insgeheim überwacht, damit sie keinen Unfug anrichten. Und sie ist eine Freundin von Vesta, Hammers Freundin. Sie bekommt mit, dass Hammer im Keller ist und von Tatane gefoltert wird. Ertappt von der Vampirin schlägt Diana ihr einen Eckzahn aus sie kann auch Karate -, dann verdrückt sie sich. Souverän lässt der Graf sie entkommen, ohne ein Wort zu verlieren, hilft ihr sogar noch in den Mantel. Augenblicklich fährt Diana nach München.
Saint-Germain und Tatane bringen Hammer in eine Jagdhütte. Tatane behauptet, seine Erinnerung zurückerlangt zu haben. Und er hat einen Plan. Dazu will er den Untotenkörper loswerden. Kurzerhand mobilisiert Saint-Germain die Teufelsanbeterinnen, um die dazu nötige Beschwörung durchzuführen.
In der Zwischenzeit fahren Vesta, Dr. Raikow und Diana nach Frankfurt. Der Dämonengnom Zervane Arakane, der meistens in eine Steinstatue verwandelt ist, begleitet sie heimlich. In der Villa prügeln sie sich mit der Vampirin rum, die sie in ihrem Sarg einsperren. Von Hammer fehlt jede Spur. Aber dann wird Diana zu ihren Hexenschwestern zitiert. Die werden von der fetten Industriellengattin Bredoff angeführt, die sogar ein Schloss im Taunus für ihr Hobby hat restaurieren lassen. Man will unter Saint-Germains Anleitung Satan beschwören. Diana schmuggelt Vesta ein, der Sabbat beginnt. Raikow und Zervane spielen die Rückendeckung.
Tatane enthüllt dem Grafen, dass er von nun an der Boss ist. Er hat einen Auftrag zu erfüllen, vor dem er aber über Lemuron Bescheid wissen muss, weil dieser aus dem jenseits geflohen ist. Saint-Germain ist gar nicht glücklich über die Entwicklung. Die opferlose Beschwörung klappt, Tatane schickt seinen Geist aus dem Untoten in seinen richtigen Körper, eine hünenhafte Teufelsgestalt. Diana und Vesta lösen mit Kreuzen und Weihwasser Chaos aus, was aber Tatane wenig beeindruckt. Er teleportiert den Untoten zur Jagdhütte, um auf Hammer aufzupassen, während unsere Helden die Flucht ergreifen. Glücklicherweise hat Diana mit ihrem Supergehör von der Hütte erfahren, also wird der mittlerweile wieder muntere Derek im Handstreich befreit.


Meinung:
Der Roman von Walter Appel alias Earl Warren führt die Handlung nahtlos fort, wo sie im Vorband aufgehört hat. Wie meistens beim Hexenhammer gibt es zahlreiche kleine und größere Widersprüche, in diesem Fall sind es größtenteils Anschlussfehler, wo die Geschehnisse im Vorband anders dargestellt werden. Man bleibt sich also treu, und wer nun gedacht hätte, dass einige der interessanteren Ansätze des Vorromans an dieser Stelle weiter ausgebaut werden, wird enttäuscht. Immerhin erklärt der Autor mit zwei Sätzen, warum Red Dunbar und der öde Möchtegernvampir Nappy nicht mehr vertreten sind. Und einer der drei Tenöre des Para-Institues, der Namen man sich nie merken konnte, der Russe Dr. Raikow, mutiert hier plötzlich zum Iwan Kunaritschew-Clon.
Das ist ein typischer Appel-Roman, temporeich mit wahrhaft überlebensgroßen Charakteren, von denen viele skurril sind. Die Oberhexe Tanja Bredoff, die ehemalige Opernsängerin und Industriellengattin mit der Walkürenfigur, die aus Langeweile unbedingt Satan beschwören will, ist schon witzig bis völlig überzogen dargestellt, aber das gilt auch für den Rest der Hexen. Ganz nach dem Motto "Der tut nix, der will bloß spielen" tanzen die Hexen herum und rufen Beschwörungen. Ach ja, und sie nehmen Drogen, um enthemmt zu sein, was sie sich aber hätten sparen können, da sie ja doch nichts damit anfangen. Denn die Devise ist auch weiterhin Horror Lite. Also feiert man den Hexensabbat züchtig im Bikini und geopfert wird auch keiner. Denn das ist nicht nötig, um den Dämon aus dem Jenseits herüberzuholen. Etwas Tanztheater und ein paar magische Formeln brabbeln reicht schon. Die Monster bleiben Witzfiguren, die Vampirin wird nicht gepfählt, sondern bloß im Sarg eingesperrt, und unser "Held", der großmäulige Dämonengnom Akarane, beschwört einen Blitz, um Dr. Raikow zu piesacken, wird aber natürlich selbst davon getroffen. Kein Hexenhammer ohne magischen Slapstick.
Aber davon abgesehen liest sich das rasant und hat dank der Bemühungen des Autoren viel Lokalkolorit. Und wenn man als Leser keinen Gedanken an die Logik der Ereignisse verschwendet, wird man trotz des mangelnden Gruselfaktors auch gut unterhalten. Insofern hätte der Roman vom Handwerk her drei Kreuze verdient, aber der Unsinn mit allen Gruselelementen gibt Punktabzug.
Und würde man nach einer stimmig konstruierten Handlung gehen, gäbe es 0 Kreuze. Denn Logik ist größtenteils nicht vorhanden. Ein grotesker Zufall jagt den anderen, die Helden stolpern völlig planlos umher, bis der nächste hirnrissige Zufall sie an den nächsten Ort bringt, und das Ganze ist völlig sinnfrei. Also alles in allem ein typischer Hexenhammer :-))


Besonderheiten:
- Hexenhammer Nr. 15


2 von 5 möglichen Kreuzen:
2 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Der Zeichner JAD fertigte viele Bilder mit dem Motiv "Mädchen und Monster" an, die sich auf diversen Gruselheften finden; das hier gehört zu den Gelungeneren. Auch wenn es natürlich "Die" Teufelsanbeter hätte heißen müssen.


Coverbewertung:
3 Kreuze