Vampir-Horror-Roman Nr. 289: Das Dämonennest
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Schnee bedeckte die schroffen Berggipfel und die Hänge des Hohen Atlas.
Schmutziggrau war der Himmel, ein eisigkalter Wind pfiff. Doch auf einem
kleinen Abschnitt herrschte strahlend schönes Wetter. Unter wolkenlosem
Himmel, im Sonnenschein, zog eine kleine Karawane von sieben Reitern und
zwei Packtieren dahin. Derek Hammer, der Altvampir Napoleon Drakula und die
Schlangenfrau Mascara Snake saßen zu Pferde. Vesta Banshee, der Hüne
Crofton "Red" Dunbar, der Wetterzauberer Chergui und die Ärztin Odetta
Malisle ritten auf Kamelen, die sich selten in diese Gebirgsgegend verirrten.
Die beiden Packpferde schleppten die in eine Zeltplane eingeschlagene Statue
des Götzen Arganthonios und den Proviant. Nach dem Kampf gegen den Schakal
und seine Horde von tollwütigen Hunden und nach der Zerstörung
des Ksars der Ait Yazza durch eine Flutkatastrophe wollten Derek und seine
Gefährten ins Gebiet der Ait Baraka. Dort sollte sich der geheimnisvolle
Stützpunkt des Magus befinden, wo vielleicht der Dämon Lemuron
Zuflucht gesucht hatte. Die sieben Verbündeten wollten es herausfinden.
Derek hatte die Spitze der Karawane übernommen. Er schaute zurück,
als sie sich einem besonders gefährlichen Wegabschnitt näherten.
Dereks hochgewachsene Gestalt war in eine Djellabah, ein Kapuzengewand,
gehüllt. In seinem Gürtel steckte ein krummer Dolch, den er einem
ertrunkenen Ait- Yazza- Krieger abgenommen hatte. Das war seine einzige
Bewaffnung. Die Strapazen der letzten Wochen hatten Dereks Gesicht gezeichnet.
von Earl Warren, erschienen 1978, Titelbild: JAD
Rezension von
Adee:
Kurzbeschreibung:
Spoiler folgen: Derek Hammer, der
Hexenhammer, seine Freunde Vesta, Red und Nappy sind zusammen mit den Magiern
Mascara Snake und Chergui sowie der Ärztin Odetta Malisle unterwegs
im Hohen Atlas auf dem Weg zum Magus und seinem Dämon Lemuron. Ihr Ziel
ist eine uralte Speicherfestung in den Bergen. Wieder einmal geben sich Derek
&Co als Gefangene der angeblichen Magusdienern Snake und Chergui aus,
die aber mittlerweile auf ihrer Seite stehen.
Die Ereignisse überschlagen sich. Der Steingötze, den sie mitgeschleppt
haben, erwacht zum Leben. Arganthonios, so sein Name, drängt sie zur
Flucht. Im Dorf laufen nur Lamuronsklaven mit Buckeln herum. Irgendjemand
schreit so fürchterlich, dass die Festung bebt. Das ist der Dämon
Lemuron, der krank ist. Der Magus ignoriert die Gefangenen erst einmal und
befiehlt Snake, Chergui und der Ärztin, jeder mit seinen Mitteln für
Lemurons Genesung zu sorgen. Ob es das modifizierte Gift der Schlangen und
Skorpione ist, über das Snake gebietet, das Wetter, das der Wettermacher
angenehm machen soll, oder eine Gentherapie, die die Ärztin auf die
Beine stellen soll, egal was. Zwischendurch essen alle Sklaven
einschließlich Magus gelegentlich Phosphat, was Lemurons Schmerzen
lindert. Derek & Co landen im Kerker, bewacht von Lemuronen,
künstlichen Monstern aus schwarzem Nebel..
Nun will Hammer sein Überich aktivieren, um den Dämon zu vernichten.
Tatsächlich erhält er Kontakt und erfährt, dass sein Überich
niemand anderes als die Persönlichkeit des kleine Joey ist, der damals
bei der ersten Séance zur Beschwörung Lemurons verschwand, um
dann als Derek Hammer großgezogen zu werden. Die gute Nachricht ist,
dass Derek trotzdem nicht schizophren ist, die schlechte, dass das Überich
den Magus und Lemuron nicht direkt angreifen kann, weil es da eine
mysteriöse Sperre gibt. Der kleine Joey in Hammers Kopf hat Angst und
weigert sich, etwas zu tun. Derek & Co sind geliefert.
Lemuron wird immer kränker und tobt herum, während Snakes und Cherguis
Magie ihn insgeheim noch kränker machen. Derek belabert sein Überich,
ihm doch zu helfen, und das Überich peinigt ihn mit diversen Visionen,
wie Lemuron seine Freunde umbringt, um ihn zur Flucht zu verleiten. Nicht
einmal die Aussicht, vielleicht Hilfe von dem Steingötzen zu bekommen,
stimmt den kleinen Joey um. Währenddessen entdeckt die Ärztin,
dass Lemuron von Viren befallen ist. Offenbar bekommt ihm die irdische Luft
nicht.
Dann ist es soweit. Magus will seine Gefangenen Derek und Vesta dem Dämon
zum Fraß vorwerfen. Das missfällt dem atlantischen Steingott,
der tatsächlich ein persischer Steingott und dem Magus hilflos ausgeliefert
ist. Der putzige Vampiropa Nappy bekniet nun die Statue, Hammer doch zu helfen.
Planlos bettelt er auf den Knien und ruft wahllos antike
Beschwörungsformeln, und zufällig funktioniert eine.
Derek und Vesta sollen zu Tode gestürzt werden. Magus outet sich in
seinem Triumph als Dereks Vater, der einzige Überlebende der Séance.
Er hat den Keim des Überichs in ihn hineingepflanzt, als er noch in
den Windeln lag. Darum auch die Sperre. Der kleine Joey kann seinem Vater
nichts tun. Derek wird in die Tiefe gestürzt, aber Arganthonios meldet
sich und teilt ihm mit, dass der Magus gar nicht mehr sein Vater, sondern
Lemuron selbst ist. Die Sperre zerbricht, Derek verwandelt sich in den brennenden
Mann. Er vernichtet den Magus - der eigentlich bei der Seance alle retten
wollte, seitdem aber von einem Lemuronableger beherrscht wird -, vernichtet
den Dämon und die Festung und rettet seine Freunde. Am Ende findet man
den bewusstlosen Derek im Gelände, und Vesta verkündet, dass auch
ihr Leben keinen Sinn mehr gehabt hätte, wäre Derek gestorben.
Meinung:
Und damit endet der erste Zyklus des Hexenhammer, der inoffiziellen
Nachfolgeserie des Dämonenkillers. Hier wird alles aufgelöst und
zu einem dramatischen Höhepunkt geführt. Zumindest
theoretisch.
Walter Appel setzt auf Action im Atlas, und so etwas kann er ja. Also passiert
viel. Dummerweise musste er nebenbei den Bogen bis zu Band 1 schlagen, und
da gerät der Roman gewaltig ins Stottern. Im Nachhinein erweisen sich
die meisten Pläne und Taten der Bösen tatsächlich
größtenteils als so sinnfrei, wie sie erschienen; selten ist ein
Pabel-Zyklus so wirr und schlecht durchkonzeptioniert gewesen wie dieser.
Hier will nichts so richtig zusammenpassen. Einerseits will der Dämon
Lemuron die Welt beherrschen, andererseits machen ihn Viren krank. Im Jenseits
gibt es wohl keine Grippeimpfung. Hammers eigenständiges "Überich"
ist noch immer der kleine Joey und damit bloß seine abgekapselte
Persönlichkeit als Kind, die über gewaltige parapsychische Kräfte
verfügt. Aber seiner geistigen Gesundheit schadet das nicht. Zwar hat
er irgendwie zwei Persönlichkeiten in seinem Kopf, ist aber wie
ausdrücklich betont keineswegs schizophren, nein! :-) Der Magus, sein
Hauptfeind, ist sein Vater, was der Oberbösewicht aber trotz seiner
Macht und seinen diversen Aktionen gegen Hammer und das Para-Institut (scheinbar)
noch immer nicht geschnallt hat. Und dergleichen mehr.
Bei so vielen Ungereimtheiten verwundert es kaum, dass auch der Autor immer
mal wieder von den Gleisen rutscht. Gleich am Anfang gibt es mal wieder die
HammerVision der großen Niederlage, die Hammer dann praktischerweise
vor sich selbst zensiert, weil er "sonst die Wahrheit nicht erträgt".
(Und weil der Autor dann auf Seite 4 die Pointe verraten hätte.) Wozu
überhaupt eine so konstruierte Szene, die nicht funktioniert? Weil es
im Expose stand? Und in dem Stil geht es weiter. Da kann der Magus kein Phosphat
in den Atlas schaffen, um seinen rasenden Dämon zu beruhigen, aber ein
Gen-Labor für die taffe Ärztin ist kein Problem. Da verkündet
der persische Steingott nichts tun zu können, weil der Magus seinen
wahren Namen kennt und ihn darum in seiner Gewalt hat, was aber dann keine
Rolle mehr spielt, weil der Vampiropa in einer "witzigen" Szene, die direkt
aus einer Filmklamotte der Zeit entsprungen sein könnte, zufällig
die richtige Beschwörung ruft.
Und dann der Höhepunkt. Da verkündet der Magus dem gefangenen Derek
Hammer, dass er sich über ihn und den brennenden Mann noch immer nicht
im klaren ist, nur um 10 Minuten und 3 Seiten später ohne jeden
ersichtlichen Anlass zu rufen "Luke, ich bin dein Vater!" Was der Höhepunkt
des ganzen Zyklus hätte sein sollen, das Verhältnis Hammer/Magus,
was allein genug Stoff für einen halben Roman hätte sein müssen,
wird dann in wenigen Worten fast schon nebensächlich abgehandelt und
so zum absoluten Antihöhepunkt.
Auch wenn das größtenteils mit viel Tempo geschrieben und darum
flotter als die meisten der Vorgängerromane ist, ist es als Abschluss
einer Zyklushandlung ein Reinfall. So wie der ganze Hexenhammer. Als Gruselroman
betrachtet ist das alles größtenteils fad und uninteressant, alles
scheint dem Diktat unterworfen, bloß keinen Anstoß zu erregen,
sprich keine Neuauflage des Dämonenkillerdebakels zu
provozieren.
Natürlich ist das auch Geschmacksache, und sicherlich gab/gibt es Leser,
die solche unsäglichen Figuren wie Nappy, den Vampir mit den dritten
Zähnen, dem schon vom Blutgeruch schlecht wird, einen echten Brüller
fanden. Aber nicht einmal handwerklich ist das gut gemacht. Es wimmelt von
peinlichen Fehlern, die selbst eine nur halbwegs sorgfältige Redaktion
hätte ausbügeln können, es aber nicht tat. Die Abstimmung
unter den Autoren ist bestenfalls flüchtig, das hakt an allen
Enden.
Fairerweise muss man sagen, dass die dramatische Grundidee mit Derek Hammer
und seinem Vater dem Dämonendiener gar nicht übel ist, da hätte
man gerade in einer Fortsetzungshandlung so viel draus machen können.
Aber hier ist sie einfach nur in den Sand gesetzt
worden.
Besonderheiten:
- Hexenhammer Nr. 13
- Abschluss des ersten Zyklus.
0 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Das Titelbild passt hervorragend zu einem Vampirroman. Was es blöderweise
nicht ist.
Coverbewertung:
Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Dieses JAD-Motiv stammt ursprünglich vom Titelbild des spanischen
Comic-Magazins DOSSIER NEGRO Nr. 102. Auf dem Cover des Vampir-Horror-Romans
war das Bild allerdings seitenverkehrt abgedruckt: