Vampir-Horror-Roman Nr. 265: Die Geburt des Bösen
|
In der ersten Novembernacht regieren in Irland die Geister und Dämonen.
Die Feen tanzen mit den Trollen, der Lepracaun und der Pooka sind unterwegs.
Hexen verbreiten ihren Zauber, und der Kutscher Dullahan fährt mit seiner
schwarzen Kutsche aus, die von Pferden ohne Köpfen gezogen wird. Wenn
er anklopft und man ihm öffnet, überschüttet er einen mit
Blut. Die unverheirateten Mädchen decken den Tisch, um auf diese Weise
das Bild des zukünftigen Ehemannes zu beschwören, dessen Geist
durch die Köstlichkeiten angelockt wird und sich im Fensterglas spiegeln
soll. Halloween heißt diese Nacht. Alle im Schloß spürten
es, daß diese Nacht anders sein würde, und wer es von den sieben
Gästen nicht merkte, den machte Lady Croker darauf aufmerksam, daß
etwas in der Luft lag. Sie war eine schlanke gepflegte Frau mit milchiger,
durchscheinen der Haut. Mit ihren fünfundvierzig Jahren war sie noch
überaus attraktiv. Ihre aufrechte Haltung drückte Stolz und
Standesbewußtsein aus. Im Augenblick wirkte sie jedoch überaus
nervös und zuckte bei jedem unerwarteten Geräusch zusammen.
Draußen tobte ein Sturm, der an den Kronen der alten Bäume
rüttelte, so daß die Äste gegen die Fensterläden der
oberen Geschosse trommelten. Der Sturm brandete mit elementarer Gewalt gegen
das altehrwürdige Gemäuer von Pooka Manor, wehte durch Spalten
und Ritzen und sorgte dafür, daß es in den Räumen stets zugig
war und die Flammen der schwarzen Kerzen flackerten. Lady Croker fuhr erschrocken
zusammen, als ein Blitz aufzuckte und die Nacht zum Tag machte. Das kurz
darauf folgende Krachen und Donnern zeigte an, daß der Blitz ganz in
der Nähe eingeschlagen haben mußte.
Hexenhammer-Roman Nr. 1 von Paul Wolf, erschienen 1978, Titelbild: ???
Rezension von
Adee:
Kurzbeschreibung:
Spoiler folgen: Auf Schloss Pooka Manor
in Irland wird zu Halloween eine Séance abgehalten. Endlich soll der
Durchbruch ins Jenseits stattfinden. Aber Lady Croker ist nicht mehr so
begeistert von der Idee. Benutzen sie schließlich als Medium ihren
fünfjährigen Sohn Joey. Aber die anderen wollen die Sache durchziehen.
Und tatsächlich nimmt Joey Kontakt zum Jenseits auf. Der Dämon
Lemuron meldet sich und verspricht den Séanceteilnehmern große
Macht, wenn sie ihn nur ins Diesseits herüberholen. Die Teilnehmer lehnen
ab, bis auf einen, der die Macht will. Lemuron tötet seine Gegner, trotzdem
geht alles schief. Der kleine Joey unterbricht den Kontakt und verschwindet
spurlos; Lemuron bleibt vorerst im Jenseits.
Zwanzig Jahre später. Derek Hammer arbeitet in München für
das Para-Institut. Der Gründer Ernest Goddard hat den Waisen
großgezogen und ausgebildet. Derek ist gerade mit der Probandin Vesta
Banshee beschäftigt. Die junge Irin mit dem roten Wuschelkopf ist angeblich
ein latentes PSI-Talent. Und sie hat sich in Hammer verliebt, der davon gar
nicht begeistert ist. Da gerät Hammers Leben aus den Fugen. Plötzlich
erlebt er einen Wachtraum, in dem ihm ein Mann namens Mega Diabolo vor dem
Magus warnt. Hammer ist verblüfft.
Dann schickt ihn die Institutsleitung, die aus den Doktoren Goddard, Raikow
und Gulda besteht, nach Irland. Auf Schloss Pooka Manor findet zu Halloween
ein Okkultistentreffen statt, wo sich solche schillernden Personen wie Mega
Diabolo und Mascara Snake versammeln. Hammer soll dort inkognito für
das Institut ermitteln.
Vesta warnt ihn vor dem Schloss, wo vor zwanzig Jahren ein unheimliches Massaker
stattfand. Hammer hält das alles für Unsinn. Aber etwas Seltsames
geht hier vor. Magus, der Überlebende der damaligen Seance, will den
Dämon Lemuron endgültig beschwören und sucht Mitstreiter.
Vesta hat sich eingeschlichen und rettet Hammer vor der unheimlichen Mascara
Snake. Aber dann wird sie gefangen genommen und soll Lemuron geopfert
werden.
Hammer kann gegen die Okkultisten nicht bestehen. Da schleicht sich Goddard
ins Schloss und enthüllt ihm, dass er Joey ist, der verschwundene Sohn
der Schlossbesitzerin, der alles verdrängt hat und über starke
parapsychologische Kräfte verfügt. Goddard war ein Freund der Familie
und zog ihn nach der Devise groß, dass man Gewalt nie mit Gewalt
bekämpfen sollte. Gleichzeitig schulte er Hammers unbewusste Kräfte,
ohne dass dieser es mitbekam, damit er irgendwann Magus in die Schranken
weisen kann. Nun ist Hammer aber unfähig, sich gegen Magus zu wehren.
Um ihn aufzurütteln, stürzt sich Goddard in die Höhle des
Löwen und kommt prompt um. Aber plötzlich taucht ein gesichtsloser
brennender tätowierter Mann auf, lässt die Séance scheitern
und rettet Vesta. Die findet den fast besinnungslosen Hammer und flieht mit
ihm aus dem Schloss. Sie überredet ihn, sich erst einmal in ihrem Heimatdorf
zu verstecken.
Meinung:
Mit dieser Serie versuchte der VHR, an vergangene Erfolge anzuknüpfen
und die Lücke zu füllen, die der eingestellte Dämonenkiller
hinterließ. Alle vierzehn Tage ein Roman als Unterserie mit eigenem
Titel. Das Autorenduo Vlcek und Luif war immerhin ein Garant für gute
Horrorunterhaltung, also durfte man gespannt sein. Und Hexenhammer ist ein
knackiger Titel, der durchaus Erwartungen weckt. Aber die ersten Romane waren
damals eine schwere Enttäuschung, zumal man als Otto Normalleser nichts
über die Hintergründe der Einstellung des Däki wusste.
Nun, dreißig Jahre später in der Rückschau erscheinen Konzept
und Roman als genau das, was es wohl sein sollte: ein gewaltfreier Softgruseler,
der nie mit dem Jugendschutz in Konflikt kommen würde. Insofern funktioniert
er prächtig. Auf den ersten Blick betrachtet ist die Idee nicht einmal
übel. Ein übersinnlich begabter Junge wird zur Waffe gegen das
Böse gemacht, ohne dass er etwas davon ahnt, um dem Mörder seiner
Eltern in seine Schranken zu weisen. Man kann darüber hinwegsehen, dass
fast jede Idee aus dem Dämonenkiller recycelt wurde. Der Plot ist zu
großen Teilen eine Neuauflage des ersten Däki (junger Bursche
namens DH wird in ein unheimliches Schloss gelockt, wo das Böse lauert
und sich sein magisches Erbe meldet), die geheimnisvolle Vesta ist eine
Neuauflage der Hexe Coco (nur eben zierlich, mit kleinen Brüsten :-)
und nervig), der magische Tätowierte, in den sich Hammer bei Stress
verwandelt, ist eine Neuauflage von Dorian Hunters magischer
Gesichtstätowierung, das die Autoren so gern als Deus Ex Machina benutzten.
Aber das ist alles akzeptabel.
Zweifellos ist der Roman selbst routiniert erzählt, aber streckenweise
plätschert die Handlung vor sich hin. Das ist alles betont harmlos.
Spätestens im Schloss sind die Charaktere dann selbst für einen
Heftroman unterwickelt und bleiben buchstäblich eine gesichtslose
Schurkenhorde. Figuren wie Mascara Snake, Mega Diabolo oder der Hypnotiseur
Graf Cagliostro erscheinen eher albern als bedrohlich. Als Held ist Hammer
weder besonders interessant oder kompetent. Alles das, was den
Dämonenkiller interessant machte, die Ecken und Kanten, das
Abgründige, das ist hier nicht in Sicht.
Die Idee, sich hier vorgeblich auf Parapsychologie zu konzentrieren statt
auf Schwarze Magie und Dämonen, hat durchaus Potenzial, aber trotz aller
Szenen im Institut, wo verkabelte Testpersonen Karten erraten sollen, dient
dieses Milieu eigentlich bloß dazu, die nie näher beschriebenen
Horrorelemente etwas netter und pflegeleichter zu machen.
Ein routinierter Roman, der das Serienkonzept erklärt, aber die wenig
dramatischen Geschehnisse und Figuren lassen schon erahnen, dass das kein
großer Erfolg werden sollte. Ernst Vlcek hat viele tolle Romane und
Exposes geschrieben; aber unter den damaligen Vorraussetzungen konnte der
Hexenhammer trotz seines markigen (und letztlich völlig lächerlichen
Titels) nur ein Reinfall werden.
Besonderheiten:
- Hexenhammer Nr. 1
Erster Auftritt von Derek Hammer, dem Hexenhammer, und Vesta Banshee.
2 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Ein nettes, stimmungsvolles Cover, und das zusätzliche Logo lässt
einen hinsehen.
Coverbewertung: