Silber-Krimi Nr. 822: Um Mitternacht im Leichenhaus
Silber-Krimi Nr. 822: Um Mitternacht im Leichenhaus


Der geheimnisvolle Eindringling in dem dunkelblauen Trenchcoat huschte wie ein Schatten durch das stille Haus, daß Henry Olander zu seinen Lebzeiten "Hotel Olander" getauft hatte. Er war noch jung. Das verrieten seine flinken Bewegungen. Sein Gesicht war nicht zu erkennen. Zwei Stufen auf einmal nehmend hastete er in das obere Stockwerk. Der Mann warf einen Blick auf seinen Zeitmesser. Obwohl es noch nicht fünfzehn Uhr war, schien der Abend bereits angebrochen zu sein. An diesen düsteren, regnerischen Tag drang kein Sonnenstrahl durch die dicke, zähe Wolkendecke. Sie waren im Maskenzimmer verabredet. Der Raum hatte seine Bezeichnung deshalb von Olander bekommen, weil er darin eine kostbare Sammlung aufbewahrte. Die Wände waren bedeckt mit handgeschnitzten Masken aus dem alten Afrika und Neuguinea. Der Fremde überschritt die Schwelle und nahm in einem tiefen, mit Samt bezogenen Sessel Platz. Er war überzeugt davon, allein zu sein... und merkte erst im letzten Augenblick die tödliche Gefahr.


von Dan Shocker, erschienen am 06.01.1969, Titelbild: ???

Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Der berühmte Komponist Henry Olander ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Die junge Witwe möchte nicht allein in dem düsteren Haus ihres Mannes bleiben und kommt bei einem befreundeten Paar unter. Dem Regisseur Ernest Bartmore und dessen Frau, der Schauspielerin Judy Bartmore. Als Judy für ihre Freundin ein paar Sachen aus dem Haus des toten Komponisten holen will findet sie eine Leiche im Kleiderschrank. Kurz darauf wird sie betäubt. Als sie erwacht ist der Tote verschwunden. Doch der Terror geht weiter, Judy erhält anonyme Anrufe, in denen sich der Anrufer mit ihr um Mitternacht im Leichenhaus treffen will. Auch im Auto hört Judy die Stimme, doch es stellt sich heraus, dass außer ihr noch einer im Wagen sitzt. Das unheimliche Wesen ohne Gesicht würgt die Schauspielerin bis zur Bewusstlosigkeit du bringt sie ins Leichenhaus. Dort findet die entsetzte Judy eine weitere Leiche. Ein entflohener Häftling der zur falschen Zeit am falschen Ort war, wurde ein Opfer des Unheimlichen. Judy entkommt wieder nach Hause. Ihr Mann will sie zu einem Psychologen schicken, doch der ist in Urlaub. Ein anderer kommt nicht in Frage, da sonst der gute Ruf der Schauspielerin auf dem Spiel steht. In ihrer Verzweiflung wendet sich Judy an Miriam Brent. Die junge Frau soll mit der Bartmore eine Drei-Personen-Stück spielen. Zu diesem Ereignis kommen auch die Eltern Miriams sowie ihr Bruder in die Kleinstadt. Was für Larry zunächst als Familientreff geplant war, wird schnell zu einem offiziellen Fall, als ihn der tote Henry Olander um ein Treffen bittet... Was steckt wirklich hinter dem mysteriösen Autounfall des Komponisten und wo ist die Verbindung zu dem Psychoterror dem die junge Schauspielerin Judy Bartmore ausgesetzt wird? Larry Brent und seine Schwester Miriam in einem unheimlichen Fall mit einem überraschenden Ende.


Meinung:
Ein sehr durchwachsener Roman. Die Handlung kommt zunächst nicht so recht in Fahrt und stellenweise hatte ich das Gefühl, dass Dan Shocker mit seinen Handlungssträngen etwas durcheinanderkommt. Aber weit gefehlt, am Ende fügt sich alles in ein schlüssiges Bild, auch wenn ich im Nachhinein das Finale als nicht so überraschend einstufe. Aber am besten ist der Leser bildet sich darüber seine eigene Meinung. Allerdings spielt der Zufall bei dem Unfall Olanders für meinen Geschmack einmal zuviel mit. Auch die Szenen im Leichenhaus, auch wenn sie unheimlich beschrieben wurden, machten auf mich einen eher unbeholfenen Eindruck, so als ob Dan Shocker seinen Titel rechtfertigen wollte. Okay, Judy sollte in den Wahnsinn getrieben werden, aber dennoch fand ich das Geschehen etwas übertrieben. Positiv hingegen fand ich das Familientreffen der Brents, auch wenn der Auftritt von Larrys Eltern am Ende des Romans äußerst kurz ausfiel und die Erzeuger des Topagenten auch keinen Satz sprechen durften. Ein bisschen seltsam fand ich Dan Shockers Formulierung auf Seite 5, am Ende des zweiten Handlungsschnittes: "Judy Bartmores Körper wurde schlaff wie ein Luftballon, in den man eine Nadel sticht..." Nun, der Ballon wird erst schlaff, nachdem er geplatzt ist, daher ist dieser Vergleich ziemlich merkwürdig. Auch die Rettungsaktion von Miriam unter dem sich senkenden Bühnenboden fand ich logisch nicht unbedingt nachvollziehbar. Als Larrys Schwester Judy findet, ist der Bühnenboden noch fünfzig Zentimeter vom Kellerfußboden entfernt. Also schon ziemlich eng für einen Menschen. Dennoch hat Miriam noch genügend Zeit zu Judy zu kriechen und sie seelenruhig herauszuziehen. Kurz darauf schreibt Dan, der Bühnenboden wäre noch vierzig Zentimeter von den beiden Frauen entfernt. Also schlank hin oder her, aber platt wie Briefmarken sind selbst Topmodels nicht. Denn eben war noch die Rede von einem halben Meter zwischen Bühnenboden und Fußboden. Leider setzt Dan Shocker die Tradition fort, dass in Heftromanen die Helden ständig die sympathischsten Menschen der Welt sind und jeder mit ihnen zurechtkommt. Kam mir besonders schlimm vor, als sich Judy so mir nichts dir nichts Miriam anvertraute. Im großen und ganzen ein sehr durchschnittlicher Larry-Brent-Roman, den noch das gute Ende rettete.


2 von 5 möglichen Kreuzen:
2 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Mit diesem Cover kann ich ehrlich gesagt nichts anfangen. Warum in aller Welt muss eigentlich auf jedem Bild eine vor Angst erstarrte Frau abgebildet werden? Der dunkle Hintergrund verleiht dem Bild aber dennoch eine düster-bedrohliche Note.


Coverbewertung:
1 Kreuz
Rezension von Benfi:


Kurzbeschreibung:
Karen Olander, die Frau des bekannten Komponisten Henry Olander zieht nach dessen plötzlichen Tod erstmal zu dem befreundeten Ehepaar Judy und Ernest Bartmore. Als Judy der Witwe nun noch ein paar Kleider aus deren Haus holen will, finde sie eine Leiche und wird betäubt. Doch als sie wieder erwacht, ist die Leiche verschwunden! Die sehr labile Schauspielerin, die erst gerade eine schwere depressive Phase hinter sich gebracht hat, wird nun massiv bedroht und erschreckt. Auch vor Mordanschlägen wird nicht Halt gemacht. Als sie in Miriam Brent, mit der sie gerade ein Theaterstück probt, eine Freundin erkennt, schüttet sie dieser ihr Herz aus. Miriam versteht ihre Not und setzt ihren Bruder Larry Brent alias X-RAY-3 von der PSA auf den Fall an. Schnell stellt dieser fest, daß hier jemand aus dem Geheimen heraus operiert. Und dann erhält Larry eine überraschende Botschaft: der tote Komponist bittet ihn zu sich!


Meinung:
Mal wieder zeigt uns Dan Shocker, wie das Werk aussehen muß, wenn man einen durchdachten, durchgehend spannenden Gruselkrimi vorlegen will! Immer wieder schickt er den Leser auf falsche Fährten und fügt neue Fragezeichen in die Handlung ein. Für meinen Geschmack allerdings in dem vorliegenden Roman eine Prise zuviel davon. Als zusätzlichen Schmankerl gibt es dafür wieder einen größeren Auftritt von Larrys Schwester. Und am Schluß des guten Gruselromans trifft sich die sogar gesamte Brent-Familie! Schon fast romantisch


Besonderheiten:
Die komplette Brent-Familie trifft zusammen.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Einen Bezug zum Roman hat das Cover kaum. Mit etwas Phantasie könnte man ja in der angsterstarrten Frau die bedrohte Judy Bartmore vermuten. Und den kalten, blauen Ton des Bildes könnte man ja noch irgendwie mit 'Mitternacht' assoziieren, aber sonst: na ja...


Coverbewertung:
1 Kreuz
Rezension von Bloemsemann:


Kurzbeschreibung:
Der Komponist Henry Olander verunglückt mit seinem Wagen auf einer Küstenstrasse tödlich. Seine junge Witwe Karen möchte nach dessen Beerdigung nicht alleine sein, daher bietet ihre beste Freundin; die Schauspielerin Judy Bartmore; der Trauernden an, die nächsten Tage bei ihr und ihrem Ehemann Ernest zu verbringen. Judy möchte am selben Abend noch ein paar Sachen für Karen aus dem Haus des Verstorbenen holen, als sie im Kleiderschrank auf eine Leiche stößt. Bevor sie sich jedoch näher mit dem Toten befassen kann, wird sie von einem Unbekannten betäubt, und der Angreifer sowie der Körper des Ermordeten sind nach ihrem Erwachen spurlos verschwunden. Von diesem Moment an hat es wohl jemand auf das Wohlbefinden der Schauspielerin abgesehen. Ein anonymer Anrufer droht ihr permanent mit dem baldigen Tod, und ein gesichtloser Mann entführt sie eines Nachts in ein Leichenhaus, in dem sie zu allem Überfluss mit dem ermordeten John Taylor konfrontiert wird; einem entwischten Häftling, der sich in an diesem makabren Ort verstecken wollte, dort aber anscheinend von einer nicht ganz so toten Leiche niedergestochen wurde. Glaubte die Bartmore anfänglich noch, dass ihr ihre ohnehin schon angegriffene Psyche einen bösen Streich spielt, werden die Angriffe auf die Dame zusehends heftiger. Letztendlich muss auch Larry Brents Schwester Miriam, die in Salisbury zusammen mit der Bemitleidenswerten an einer Theaterpremiere arbeitet, feststellen, dass man ihrer populären Schauspielkollegin tatsächlich nach dem Leben trachtet. Als Miriam beinahe selbst dem unheimlichen Gesichtlosen zum Opfer fällt, wird umgehend X-RAY-3 eingeschaltet, welcher sowieso bereits mit der gesamten Familie Brent in Salisbury weilt, um der Premierenfeier seiner Schwester beizuwohnen. Larry deckt ein unglaubliches Komplott auf und wird am Ende mit einer riesengroßen Überraschung konfrontiert …


Meinung:
Ein wenig zu durchsichtig erschienen mir der klassische Autounfall und der mögliche Unfalltod einer gewissen Person, welches wie schon öfters einen Rattenschwanz an ominösen Ereignissen nach sich ziehen musste. Schon gleich auf den ersten Seiten stellte sich mir die Frage: ‚Na, ist denn unser lieber Mr. Olander denn auch wirklich umgekommen?' Erinnerungen an solche Geschichten wie die "Die Treppe ins Jenseits (LB 025)" oder einfach nur "Die drei ??? und das Gespensterschloss" ließen hier doch berechtigte Zweifel an dem Ableben Henry Olanders aufkommen. Dennoch bastelt DS einen atmosphärisch absolut ansprechenden und gut durchdachten Grusel-Krimi zusammen, der mit einigen richtig stimmungsvollen Szenerien bestückt wird. Vor allem die schleichende Bedrohung gegen Judy Bartmore, die ebenso ahnungslos scheint wie der Leser, bereitet einige Stunden Vergnügen. Auch das nächtliche Treiben in dem Leichenhaus mit dem seeligen Taylor und der wandelnden Leiche sorgen für die gewisse Portion Grusel. Ab der Hälfte der Geschichte blickt man dennoch im Gegenteil zur gebeutelten Judy recht schnell hinter die Kulissen dieses düsteren Komplotts, und ahnt dass der Übeltäter am Ende wohl nicht allzu paranormal aussehen dürfte. Alles in allem zwar nicht DER Riesenknaller, aber eine passende Lektüre für einen nebligen kalten Herbstabend mit einer Tasse Tee oder einem Gläschen Whisky und dem obligatorischen Kürbis auf dem Fensterbrett…


Besonderheiten:
Miriam Brent tätigt einen weiteren Schritt nach oben auf ihrer Karriereleiter als ernstzunehmende Schauspielerin.
Die gesamte Familie Brent trifft kurzweilig zusammen, auch wenn man von den Eltern nicht allzu viel mitbekommt.


2 von 5 möglichen Kreuzen:
2 Kreuze


Kommentare zum Cover:
Und wieder mal eine der typischen Foto-Kollagen aus den guten alten Zeiten. Wenn ich mir ganz viel Mühe gebe, könnte man mit sehr viel Wohlwollen die Ereignisse im Haus des verstorbenen Henry Olander in dieses Bild hineininterpretieren. Das Mädel könnte dabei mit etwas Fantasie die bedrohte Judy Bartmore sein - aber eben alles nur mit sehr viel Wohlwollen, auch wenn mir das Spukhaus im Hintergrund ganz gut gefällt


Coverbewertung:
1 Kreuz

Zusatzhinweise zu dem Cover kommen von Michael Schick:
Die Fotomontage vom Titelbild wurde auch schon auf dem australischen Comic-Magazin DOOMSDAY Nr. 7 verwendet, welches im Januar 1973 erschien:

DOOMSDAY Nr. 7


Und auch auf der Bastei-Publikation KURZ-KRIMIS Band 25 war das Motiv schon abgebildet:

Kurz Krimis Nr. 25