Silber-Grusel-Krimi Nr. 237: Tochter der Hexe
Silber-Grusel-Krimi Nr. 237: Tochter der Hexe


Die Flamme der Öllampe brannte schwach. Auf dem breiten Kastenbett lag ein hagerer Mann mit geschlossenen Augen. Sein Mund war aufgerissen. Er rang nach Luft. Neben dem Bett stand eine knochige Frau und betrachtete ungerührt den Kranken. Das ging der kleinen rundlichen Magd nicht in den Kopf. Sie drehte sich abrupt um und riß das Fenster auf. Mit drei Schritten war die Frau bei ihr und schlug das Fenster wieder zu. „Willst du ihn töten?« schrie sie. »Aber er erstickt«, flehte die Junge. »Soll ich nicht Doktor Gutfried holen?« »Damit er ihn umbringt?« fauchte die Frau. »Scher dich in die Küche Mach die Kräuter zurecht!« Die Magd entfernte sich und ließ die Tür hinter sich offen stehen. Die Frau sah ihr nach. Dann holte sie langsam aus dem viereckigen Halsausschnitt einen winzigen Lederbeutel, öffnete ihn und führte ihn zur Nase. Sie zog den Duft ein und war zufrieden. Den geschlossenen Beutel nahm sie in die linke Hand, die sie zur Faust schloß. Sie sah durch die Tür, daß die Magd Kräuter auf den Tisch legte und zum Herd ging. Die Frau verließ die Kammer, weil die Magd mit einer Kelle heißes Wasser in eine Schüssel füllen wollte.


von Wolfgang Rahn, erschienen am 03.04.1979, Titelbild: ???