Silber-Grusel-Krimi Nr. 169: Horror auf der Toteninsel
Silber-Grusel-Krimi Nr. 169: Horror auf der Toteninsel


Linda Jackson stand an der Reling der Fähre. Ihr fiel auf, daß sich plötzlich einige Passagiere bekreuzigten, als an Backbord eine dunkle Insel am Horizont auftauchte. Die Frau legte das Fernglas in ihre Reisetasche zurück. Drei Stufen höher bemerkte sie einen Mönch, der regungslos zu der Insel hinüberstarrte. Linda wurde angesprochen: »Entschuldigen Sie meine Neugier, aber ich sah eben, wohin Sie ihr Fernglas gerichtet haben. Sie sind fremd hier?« Neben Linda stand eine schlanke, dunkelhaarige Frau mittleren Alters in einem hellen Regenmantel. Man war in Italien, nicht in England, und hier sprechen die Leute miteinander, auch Fremde. Linda bejahte die Frage, nun ihrerseits neugierig geworden. »Mein Name ist Beatrice Della Mora. Es sieht so aus, als interessiere Sie diese Insel.« Die Frau wurde plötzlich sehr ernst. »Das taten schon manche. Sie sind heute alle nicht mehr am Leben!« »Das klingt nicht gerade ermutigend, Signora - aber aus welchem Grund warnen Sie mich?« »Weil ich vor zwei Jahren genau wie Sie dagestanden und hinübergestarrt habe.


von Theodor Dombrowski, erschienen am 13.12.1977, Titelbild: Theo Thomas

Rezension von Wondina:


Kurzbeschreibung:
Die junge Engländerin Linda Jackson verbringt einen Urlaub auf der italienischen Mittelmeerinsel Ponza. Schon bei der Überfahrt fasziniert sie eine kleine, ganz in der Nähe gelegene Insel, die die Anwohner meiden und die "Toteninsel" nennen. Linda entscheidet sich trotz Warnungen dorthin überzusetzen und die Insel zu besichtigen. Im selben Hotel wie Linda hat sich auch Stavros Magulis, ein gerissener Antiquitätenhändler mit kriminellen Neigungen einquartiert. Einem in der Gegend herumspukenden Mönch, "grauer Bruder" genannt, entwendet er eine zunächst Linda Jackson in die Hände gefallene Pergamentrolle. In dieser verdammt ein gewisser Drusus, böser Priester aus altrömischer Zeit, den Besitzer der Rolle, seine Befehle auszuführen und ihm dabei zu helfen, ein Totenreich auf Erden zu errichten. Auf der Toteninsel gerät Linda in Bann und Gefangenschaft von Drusus. Ihr kurz darauf in Italien eintreffender Partner Allan Foster hat von nun an alle Hände voll damit zu tun, nicht nur seine Geliebte wiederzufinden, sondern auch eine ganze Armada wiederauferstandener Toter abzuwehren.


Meinung:
Warum man als leidlich intelligenter, sozial kompatibler Mensch Gruselhefte liest, ist den meisten Zeitgenossen gegenüber schon schwer zu vermitteln. Warum man dann auch noch besonders schlechte wie dieses liest und sogar liebevoll rezensiert, ist vermutlich endgültig paradox. Beim Lesen von Romanen wie Theodor Dombrowskis "Horror auf der Toteninsel" fühle ich mich wie beim Anschauen hektisch heruntergekurbelter C-Filme in ein verzerrtes Paralleluniversum versetzt, in dem nicht nur Phantastik die Realität ersetzt, sondern die Phantastik - durch das Unvermögen der Ausführenden - auch noch verdammt seltsam rüberkommt. Vermutlich hat Arnold Böcklins berühmtes Gemälde "Die Toteninsel" (1890) Dombrowski zu diesem wirren Roman inspiriert, denn auch hier gibt es eine düstere Insel, Ruderboote und in weiße Leinen gehüllte Tote. Soweit so gut, aber es gibt auch noch: einen Antiquitätendieb, seine Frau, seinen Rechtanwalt, eine Opernsängerin, einen aufsässigen Pfarrer, einen Mönch mal mit und mal ohne Bart, eine Klosterruine die mal in Trümmern liegt und mal intakt in der Gegend rumsteht, usw. Zwischendrin Serienheld Allan Foster, seine Freundin und ein lokaler Kommissar. Dieses Personal düst nun von Handlungsort zu Handlungsort, während die Toten aus den Grotten steigen. Hastig und mit reichlich stilblütigen Dialogen jagt Dombrowski seine Figuren durch die Szenerie. Situationen mit Grusel-Potential, z.B. die Konfrontationen mit den lebenden Toten oder dem rätselhaften Mönch, verschenkt er komplett, indem er sie so gut wie gar nicht dramatisch ausgestaltet. Dies war mein erster Roman mit dem Geister-Detektiv Allan Foster, ich kann nur hoffen, dass Dombrowski ihn in einem vorangegangenen Heft detaillierter eingeführt hat, denn hier erfährt man über ihn absolut nichts, außer dass er aus London kommt und eine Smith & Wesson-Laserwaffe (!) benutzt. Am Ende bleiben Kopfschütteln oder Schmunzeln aufgrund der todernst vorgetragenen Klamotte, deren Grundidee und Lokalitäten viel Besseres und Stimmungsvolleres hätten hergeben können.


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Kommentare zum Cover:

Neben Zauberkreis-Stammmaler Lonati war auch Theo Thomas (Titelbild-Illustrator der legendären "Dr. Morton"-Schocker) für die Silber-Grusel-Krimis tätig. Dabei hat er sich, wie Lonati, oft erfreulich eng an die Romaninhalte angelehnt. Das ist hier leider nicht der Fall, denn statt der mumienartigen Toten aus dem Roman gibt es schuppige, grüne Gruselnixen zu sehen. Nur das Wasser passt hier. Ich mag Thomas' altmodischen Stil aber, auch wenn er etwas weniger elegant ist als der von Lonati, deshalb gibt es 3 Kreuze.


Coverbewertung:
3 Kreuze