Silber-Grusel-Krimi Nr. 28 (NA): Draculas Höllenfahrt
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Lillian Bowman warf einen raschen Blick auf das Ziffernblatt ihrer Uhr. Wenige
Minuten vor Mitternacht. Der Atem stockte ihr. Sie hörte leise Schritte
auf dem Gang. Das Geräusch näherte sich ihrer Tür. Lillian
merkte, wie es sie eiskalt überlief. Langsam drehte sie sich um. Ihre
Augen schienen von innen heraus zu glühen. Er kam zu ihr? Sie schluckte
und war unfähig, einen Schritt zu gehen. Sie drängte sich an das
Fenster, und die Kälte kroch durch das hauchdünne, fast durchsichtige
Nachtgewand, das sie am Körper trug. Die Klinke ihrer Zimmertür
wurde herabgedrückt in beinahe quälender Langsamkeit ... Dann hob
sich die Klinke wieder. Atemlos starrte Lillian Bowman zur Tür. Die
Schritte entfernten sich, und plötzlich bewegte sich der Schlüssel
des Nachbarzimmers. Die Angeln quitschten leise, dann fiel die Tür wieder
in Schloß. Sekundenlang hielt Lillian den Atem an, ehe sie hörbar
die Luft durch die Nase blies. Ihr Körper spannte sich und sackte dann
wie unter einer Zentnerlast zusammen.
von Dan Shocker, erschienen 09.01.1973, Titelbild: R.S. Lonati
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Dr. Aston hat es geschafft Vincent Rope den Mantel Draculas abzustreifen
und ihm auch eine Blutprobe zu entnehmen, bevor dieser in dem Wagen verbrannte,
den Aston kurz zuvor vor eine Mauer steuerte (siehe Silber-Grusel-Krimi
Nr. 27 der Neuauflage).
Während Larry Brent alias X-RAY-3 in der PSA-Zentrale seine hypnotische
Barriere erneuern lässt, beginnt Dr. Aston in seinem Sanatorium für
psychisch Kranke Experimente mit dem Blut Draculas anzustellen. Tatsächlich
mutiert einer seiner Patienten zum blutsaugenden Grafen und fällt prompt
über eine Mitpatientin her. Zeuge dieses Vorfalls wird die Schauspielerin
Lilian Bowman. Als die Schwester Larry Brents, Miriam, ihre Freundin besucht,
berichtet diese völlig verstört von dem Vorfall. Obwohl Aston den
Bericht als Folge ihres Verfolgungswahns abtut, bleibt Miriam misstrauisch.
Doch auch Dr. Aston ist alarmiert, denn folgerichtig kombiniert er, dass
Miriam mit Draculas Gegner Larry Brent verwandt ist. Für den Arzt steht
fest, dass die junge Frau das Sanatorium nicht mehr verlassen darf. Als Miriam
den dunklen Park durchquert wird sie von dem Vampir angefallen. Nur durch
das Eingreifen des Deutsch-Amerikaners Josef Meyerling, gelingt es der
Schauspielern zu entkommen. Meyerling will sich später mit Miriam treffen,
um weiter über den Fall zu debattieren. Doch Miriam erscheint nicht
zum verabredeten Zeitpunkt. Im Hotel ist sie ebenfalls nicht und niemand
hat die junge Frau gesehen. Meyerling wendet sich an Larry Brent, dem seine
Schwester eine Nachricht auf den Anrufbeantworter gesprochen hat. Doch auf
seinen Rückruf meldet sich niemand. Als der PSA-Agent den Bericht des
Vampirologen hört, ist er in höchstem Maß alarmiert. Er
weiß, dass Dracula zurückgekehrt ist. Wen hat Dr. Aston mit dem
Vampirblut bereits infiziert. Inkognito schleusen sich die Agenten Morna
Ulbrandson und Larry Brent in das Sanatorium ein. Nicht ahnend, dass Dr.
Aston bereits selbst zu Dracula geworden ist und Miriam Brent als seine Braut
auserkoren hat ...
Meinung:
Der zweite Teil der Fortsetzungsgeschichte um den König der Blutsauger
bietet Larry Brent nicht nur Heimvorteil, sondern spielt auch wieder einmal
in Shockers Lieblingsambiente eines Sanatoriums. Den alten Witz, nachdem
immer der Gärtner der Mörder ist, kann man bei Larry-Brent häufig
auf die Berufsgruppe der Ärzte anwenden. Nur dass Dan Shocker aus der
Identität des Bösewichts zumindest im vorliegenden Fall kein Geheimnis
macht. Der Roman beginnt zunächst sehr stimmungsvoll mit der Szene,
als Lilian den Vampir beobachtet wie er ein Opfer aussaugt. Anschließend
verfällt der Autor in altbekannte Schemata. Zufällig ist Lilian
mit Miriam Brent befreundet und erzählt der Freundin von ihrer Entdeckung.
Ab da wird die Story zum Selbstläufer. Plötzlich erscheint ein
weiterer Vampirjäger, der sich schon lange mit Dracula und seinem Leben
beschäftigte. Die Charakterisierung ist dieses Mal voller Klischees,
noch mehr als sonst üblich. Der Oberpfleger ist das Abziehbild des bulligen,
stumpfsinnigen Pflegers, wie man sie in besonders schlechten Filmen zu sehen
bekommt. Lustig ist dabei einzig ein Druckfehler, der den Mann beschreibt:
"Der Mann seiner Seite, breit wie ein Kleiderschrank, zwei Köpfe
größer als Aston und ungefähr 50 Pfund schwer, schob sich
einen Schritt näher." Vermutlich sollte es "50 Pfund schwerer" heißen.
Alles andere hätte keinen Sinn gemacht und ein 25 Kilo schwerer Pfleger
dürfte alles andere als beeindruckend sein, geschweige denn überhaupt
arbeitsfähig. Der Verlauf der Geschichte ist geprägt von Stereotypen
des Heftromans. Echte Vampiratmosphäre vermag nicht so recht aufkommen
und das Ende ist wieder viel zu sehr von Zufällen geprägt, als
dass man als Leser hätte zufrieden sein können. Der Maskenball
zum Ende hin wurde vermutlich nur eingebaut, um den Auftritt Draculas
geheimnisvoller zu gestalten, entbehrt allerdings jeglicher Logik und
medizinischem Fachwissen. Dan Shocker erklärt, dass die Patienten dadurch
ihre Erkrankung besser verarbeiten könnten, in dem sie in neue
Identitäten schlüpfen. Wenn aber schon Menschen mit Paranoia in
dem Sanatorium untergebracht werden, ist es wenig sinnvoll kostümierte
Menschen durch die Gegend laufen zu lassen, die den Wahn der Patienten
unterstützen könnten. Der Auftritt von Morna Ulbrandson entpuppt
sich letztendlich als Seifenblase und hatte wohl den einzigen Zweck, ein
wenig mit Larry Brent zu flachsen. Auch in diesem Roman vepasst Dan Shocker
die Gelegenheit ein wenig aus Draculas früherer Existenz zu berichten.
Fazit: Unterdurchschnittlicher Larry-Brent-Roman, der bis auf einen
stimmungsvollen Beginn, nichts Neues bietet und mangels origineller
Einfälle nur schlecht zu unterhalten weiß.
Besonderheiten:
Der Roman wurde leicht gekürzt in dem
Grusel-Krimi-Taschenbuch 13, zusammen mit dem zweiten Teil "Draculas
Höllenfahrt", erneut veröffentlicht.
1 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Eine grauenhafte Vampir-Werwolfmischung, welche sichtlich unter dem Einfluss
des umgehängten Kreuzes zu leiden hat. Eine ähnliche Szene gibt
es zwar am Ende des Romans, liest sich aber weit weniger reißerisch.
Das Cover passt hervorragend zu einem Gruselroman dieses Formats.
Coverbewertung:
Rezension von
Benfi:
Kurzbeschreibung:
Als Miriam Brent, die Schwester des PSA-Agenten Larry Brent ihre
Schauspiel-Kollegin Lilian Bowman in der Klinik besuchen möchte, wirkt
nicht nur der Leiter Dr. Aston eigenartig auf sie. Das ganze Sanatorium ist
ihr nicht geheuer! Sie ahnt ja nicht, dass eben jener Leiter Aston unbemerkt
mit etwas Blut und dem Umhang des Dracula in seine Anstalt nach New Rochelle/USA
zurückgekehrt ist! War er doch dabei, als Dracula während seiner
Flucht vor den PSA-Agenten verunfallte und schließlich starb. Miriams
Mitteilung auf dem Anrufbeantworter von Larry weckt nicht nur dessen Interesse;
als ein gewisser Josef Meyerling - ein wahrer Dracula-Fanatiker - ihm seine
Berichte von seinen Observationen des Aston-Sanatoriums mitteilt und X-RAY-3
die Zusammenhänge erkennt, merkt er, dass seine Schwester in Gefahr
schwebt. Und in der Tat: Miriam ist schon in der Gewalt von Dr. Aston, dessen
Versuche mit Draculas Blut solche überraschenden Auswirkungen haben,
dass der Psychotherapeut selber das Blut Draculas trinkt, um König der
Vampire zu werden!
Meinung:
Der Roman 'Draculas Höllenfahrt' ist eine Fortsetzung der Geschehnisse
des Vorbandes 'Draculas Liebesbiss'. Trotzdem stehen beide Bände für
sich. Dieser Folgeband zieht sich meiner Meinung nach leider in der Handlung
und ist weniger rasant als sein Vorgänger! Hier und da blitzt die
Fähigkeit von Dan Shocker auf, wie man einen Roman unheimlich gestaltet,
doch das ganze Drumherum um das Sanatorium, die Versuche mit dem Blut, nur
um dann doch den Dr. Aston zum Dracula werden zu lassen; das finde ich alles
etwas aufgesetzt. Dazu ist es Larrys Schwester, die das Sanatorium besucht.
Zufälle gibt's Interessant ist allerdings, dass man einiges über
das Werken und Wirken innerhalb der PSA lesen kann. Das ist doch Nahrung
auf den Lippen der Fans. Ich würde also sagen, ein durchschnittlicher
Gruselroman; lesbar - aber nicht übermässig berauschend.
Besonderheiten:
- erster Auftritt von Mark Shelly, Hypnotiseur und Psychotherapeut der PSA
- erster Auftritt von Eva (?), Sekretärin von Poul, Leiter des
Einsatzbereiches 'B' der PSA, die mit Larry eine Nacht verbringt
2 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Das Ende des Königs der Vampire ist schon etwas unglücklich gezeichnet!
Die Fratze soll wohl den einsetzenden Verfall anzeigen und das Kreuz scheint
sich wohl in die Brust hinein zu brennen. Beides leider nicht auf den ersten
Blick erkennbar. Geht so!
Coverbewertung:
Rezension von
Bloemsemann:
Kurzbeschreibung:
Das Böse geht in der Nervenheilanstalt von Dr. Aston um, davon ist die
Schauspielerin Lilian Bowman überzeugt, als sie während eines
nächtlichen Streifzugs durch das Gebäude mehrere unheimliche
Beobachtungen macht. Ihr anschließender Fluchtversuch scheitert jedoch
kläglich, und nun muss das junge Mädchen erkennen, dass offensichtlich
ein waschechter Vampir sein Unwesen in der Anstalt treibt.
Tatsächlich konnte Dr. Aston einen Rest des berüchtigten Bluts
des Grafen Dracula (siehe "Draculas
Liebesbiß") sichern und experimentiert nun damit in seinem Labor
herum. Dabei unterlaufen ihm einige ungewollte Nebeneffekte, wobei mehrere
Personen mit dem Blut infiziert werden und zu brandgefährlichen Vampiren
mutieren. Letztendlich unterzieht sich der Mediziner selbst einer folgenschweren
Behandlung und macht nebst einigen hübschen Mädchen auch Jagd auf
seine Nebenbuhler.
Hierbei kommt ihm wie befürchtet der PSA-Agent Larry Brent in die Quere,
dessen Schwester Miriam zufällig genau in eben jenem verdächtigen
Sanatorium ihre Kollegin Lilian besuchen möchte. Aston wird misstrauisch
und bringt Larrys Schwester in seine Gewalt, was zur Folge hat, dass X-RAY-3
jetzt erst recht mit allen Mitteln versucht, der Reinkarnation des Blutgrafen
den Garaus zu machen. Zusammen mit Morna Ulbrandson als Köder kann der
PSA-Agent unerkannt in die Anstalt eindringen und stellt sich Dracula zusammen
mit dessen Spießgesellen zur entscheidenden Auseinandersetzung
Meinung:
Andere Kulisse, dadurch eine etwas andere Stimmung, dazu ein paar neue
interessantere Nebenfiguren und schon funktioniert auch die Weiterführung
bzw. die Wiederholung der Vorgängergeschichte viel ansprechender. Im
Großen und Ganzen lässt DS seine Grundidee einfach noch mal in
die zweite Runde gehen, bemüht sich dabei aber nur bedingt um wirklich
ganz neue Facetten. Miriam Brents Gastspiel gibt der Dramaturgie sicherlich
eine recht erfrischende Würze, auch das düstere Sanatorium mit
seinen wunderlichen Bewohnern funktioniert wesentlich stimmungsvoller, als
die actionreiche Jagd nach Dracula durch die Strassen Londons. Vor allem
das morbide Finale in der verlassenen Kapelle sorgt für ein ganz spezielles
Flair, deshalb gibt es für diesen "zweiten Teil" von mir auch ohne
Zögern ein Kreuzchen mehr. Natürlich werden hier haufenweise Klischees
und Standards ins Rennen geschickt, aber schließlich befinden wir uns
in den Anfängen der 70er, was den liebenswerten nostalgischen Reiz ausmacht.
Der einzige Wehmutstropfen, der auch bei diesem Sequel zurück bleibt,
ist die fehlende Verwendung von einigen tiefer gehenden, vielleicht sogar
historischen Fakten über den wirklichen Grafen Dracula, was man von
einem Dan Shocker möglicherweise erwartet hätte
3 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Für das Ende der Reinkarnation Draculas hat Lonati mit wenigen Elementen
einen richtig hässlichen und gespenstischen Vampir auf die Leinwand
gebracht. Das eingefallene Gesicht kommt dabei schön zur Geltung, auch
wenn mir erst beim zweiten Hinsehen aufgefallen ist, dass dem Kerl ja ein
Kreuz um den Hals hängt, welches sich in dessen Kittel gebrannt
hat
Coverbewertung: