Professor Zamorra Nr. 949: Die geronnene Zeit

Professor Zamorra Nr. 949: Die geronnene Zeit


Seine Hand glich einer wächsernen Klaue. Jegliche Farbe war aus der Haut gewichen. Die Gelenke der Finger schmerzten. Gicht? Altersverschleiß? Er wusste es nicht. Das Netz aus Runzeln und Falten vermittelte ihm eine Ahnung davon, wie sein Gesicht aussah. In Ermangelung eines Spiegels konnte er es nur ertasten, doch die Jahre hatten die Furchen tief genug eingegraben, dass er sie unter den Fingerspitzen spürte. Er fühlte sich, als sei er neunzig. Dabei bist du noch nicht eimmal siebzig!, rief er sich ins Gedächtnis zurück. Das Problem war nur, dass er bis vor wenigen Augenblicken noch den Körper eines Mittdreißigers besessen hatte. Doch dieser hatte in Sekundenschnelle alles nachgeholt, was die Quelle des Lebens über Dekaden hinweg verhindert hatte. Professor Zamorra war ein alter Mann!


von Oliver Fröhlich, erschienen am 12.10.2010, Titelbild: Michael Lingg