Professor Zamorra Nr. 921: Die Trennung
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Nicole saß am Pool und las in der Zeitung. Zamorra hatte sie aufgefordert,
mit ihm zu trainieren, aber dazu hatte sie heute keine Lust. Als er triefend
vor Schweiß aus dem Fitnessraum trat und auf sie zukam, blätterte
sie schnell um. Zamorra grinste, nahm ein Handtuch und trocknete sich ab.
Er beugte sich über sie. Was, du liest den Kulturteil? Seit wann
denn das? Und das soll aufregender sein, als mit mir zu trainieren? Mit dem
Wissen über Franz Kafkas Lebenswerk kannst du nicht mal das kleinste
Dämönchen bekämpfen. Nicole hob den Kopf mit den
schulterlangen grünen Haaren und lächelte zurück. Dann
kennst du Kafka nicht, Chéri. Ein paar Sätze aus der
Verwandlung würden selbst LUZIFER in die Flucht schlagen.
Als Zamorra in den Fitnessraum zurückging, wartete Nicole, bis sie ihn
angestrengt schnaufen hörte. Dann blätterte sie wieder zurück.
Die Anzeige faszinierte sie: Vierzimmerwohnung in Paris, Butte-Montmartre,
Nähe Treppen, beste Aussicht, ab sofort zu vermieten, Tel...
von Christian Schwarz, erschienen am 15.09.2009, Titelbild: Candy Kay
Rezension von
Stefan (Lobo)
Albertsen:
Kurzbeschreibung:
Es kommt zum beziehungstechnischen Super-GAU zwischen Professor Zamorra und
seiner Lebensgefährtin, Kampfgenossin und Sekretärin Nicole Duval.
Aus einer eher banalen Situation, in der der Parapsychologe Nici (sie will
ab diesem Band nicht mehr so von ihm genannt werden, weil sie diesen "Kosenamen"
laut eigener Aussage hasst) wohl etwas nervt, weil es ihm nicht gelingt
während eines gemeinsamen Ausflugs nach Lyon abzuschalten, entwickelt
sich ein Streit, dessen Ausgang die altehrwürdige Serie rund um den
Meister des Übersinnlichen wahrhaftig aus den Angeln hebt.
Nicole packt nämlich einen Tag nach der Auseinandersetzung ihre Siebensachen
und zieht in eine Vierzimmerwohnung in Paris, wo sie - zumindest für
eine gewisse Zeit - Abstand zu ihrem Geliebten sucht. Der Professor ist -
auch wenn er zunächst nach außen cool bleibt - bis ins Mark
erschüttert und verfällt in das fatale Auf und Ab einer ausgewachsenen
Depression.
Nachdem der Meister des Übersinnlichen seine erste Lähmung
abgeschüttelt hatt, bricht er nach Cwm Duad auf, um Asmodis zur Rede
zu stellen und ihn aufzufordern mit der "Reparatur" des Amuletts voranzukommen.
Zamorra vermutet nämlich, nach wie vor, dass die Ausfälle von Merlins
Stern und Nicoles irrationales Verhalten irgendwie in Zusammenhang stehen.
Doch der neue Herr von Caermardhin hat schlechte Nachrichten für Zamorra,
denn der Reparaturvorgang gestaltet sich schwierig und kann noch viele Wochen,
vielleicht sogar Monate oder gar Jahre in Anspruch nehmen. Zamorra ist
verzweifelt und versinkt in düsteres Grübeln, in welches sich die
Erinnerungen an seine wilde Zeit in den späten Sechzigern mischen.
Nicole ihrerseits, die nicht nur von Zamorra, sondern auch von allen
schwarzmagischen Aktivitäten Abstand gewinnen wollte, sieht sich
fatalerweise in ihrer neuen Heimat letzterem ausgesetzt. Sie erhält
Besuch von Chefinspektor Pierre Robin, der auf Bitte eines Pariser Kollegen,
in die Ermittlungen um einen rätselhaften Mordfall mit einbezogen wurde.
Robin ist verwundert Nicole hier anzutreffen und sie erklärt ihm aus
welchem Grunde es sie nach Paris verschlagen hat. Der Chefinspektor bittet
Nicole um Unterstützung, denn offensichtlich treibt ein Untoter im 16.
Arrondissement sein Unwesen. Etwas widerwillig, denn eigentlich wollte sie
sich ja von solchen Dingen fernhalten, sagt sie schließlich zu, weil
sie nicht riskieren möchte, das Robin Zamorra herbittet. Sehr schnell
wird klar, dass tatsächlich ein Untoter umgeht und sich Opfer sucht.
Jaques Carax, ein Magier aus dem späten 18. Jahrhundert, der unschuldig
des Mordes bezichtigt und anschließend aufgehängt wurde, versucht
seine Kräfte auszubauen und alte Zustände, wie er sie aus seiner
Zeit gewohnt war, wieder herzustellen. Er nistet sich in jenem Haus ein,
in welchem er früher lebte, und welches er, trotz der Tatsache dass
nun die Familie Tournier darin lebt, wieder für sie beansprucht. Er
nimmt die Tourniers (Vater, Mutter, Sohn) als Geiseln und geht, während
er sie den größten Teil des Tages in magischem Tiefschlaf hält,
seinen eigenen Geschäften nach. Besonders wichtig ist für den Untoten,
dass er Kontakt zu seinem schwarzmagischen Führer den Dämon Pluton
erhält. Das Pluton schon längst in den ABYSSOS gespült wurde,
weiß Carax natürlich nicht.
Nicole und die Polizei finden schnell heraus, wo der Untote sich einquartiert
hat und ein erster Versuch ins Haus der Tourniers zu gelangen und Carax zu
überwältigen schlägt fehl. Der Untote droht damit alle Geiseln
zu töten und Nicole steckt in der Klemme. Muss Robin sich nun doch an
Professor Zamorra wenden und ihn herbeizitieren, so dass es ein unerfreuliches
Wiedersehen gibt? Oder kann Nicole doch noch eine Lösung für dieses
Problem finden?
Meinung:
Es ist also geschehen! Nicole hat die Phase der langanhaltenden
Überllaunigkeit verlassen und verschwindet, nach einem Streit, bei dem
die Grundfesten der Stadt Lyon erschüttert werden, aus dem Château
Montagne. Mit Sack und Pack reist sie ab und verbarrikadiert sich in einer
geräumigen Vierzimmerwohnung in Paris. Zamorra verfällt in üble
Depression und seine Hoffnung Nicoles "Stimmungsschwankungen" könnten
alsbald durch das Wiederherstellen des Amuletts "begradigt" werden, lösen
sich in Nichts auf. Die Story um den Zombie Jaques Carax erscheint neben
dem Handlungsstrang, in dem es um die Hauptpersonen und ihre derzeit mehr
als verfahrene Beziehung geht, beinahe ein wenig fad. Ich betone jedoch das
Wort 'beinahe', denn wie Carax die Tourniers unter Druck setzt und den
Familienvater letztlich dazu zwingt einen Versuch als "Zombiekiller" zu starten
ist spannend beschrieben.
Die Sache mit der Schwarzen Hand, die bei einigen Mordopfern (auch auf den
Britischen Inseln) gefunden wurde und deren Verbindung zu einigen
Möbelstücken aus dem Hause Carax', verstehe ich bis heute nicht
so richtig, aber ich habe mich entschlossen darüber großzügig
hinwegzusehen. Ebenso wie ich über den "genialen Schachzug" Nicoles,
mit welchem sie das Finale für sich entscheiden kann, hinwegzusehen
geneigt bin. Ich denke, da wird es in den entsprechenden Foren in den
nächsten Wochen und Monaten genügend Diskussionen und
Erklärungsversuche bezüglich des
"Wie-kann-das-denn-überhaupt-funktionieren?" geben.
Insgesamt liefert Christian Schwarz nicht unbedingt seinen bislang besten
Roman ab, aber "Die Trennung" ist vollgepackt mit Action und Drama und
lässt sich sehr gut weglesen.
Besonderheiten:
Nicole Duval verlässt Professor Zamorra!
Sie bezieht eine Vierzimmerwohung in Paris!
Die Symbole der M-Abwehr werden als Waffe eingesetzt.
Zamorra erfährt, dass die Reparatur des Amuletts noch sehr, sehr lange
dauern kann.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Candy Kay vermag mich immer wieder zu überraschen. Während das
Cover zum Vorgängerroman vornehmlich an der Gestaltung der Figuren
scheiterte (Brrrrrr) finde ich dass ihr dies beim vorliegenden Cover recht
gut gelungen ist. Sicher ist Nicole Duval nicht hundertprozentig getroffen,
aber so wie sie hier abgebildet ist, wirkt sie doch um Längen lebendiger,
als man es ansonsten von der Künstlerin gewohnt ist. Sehr nett!
Coverbewertung:
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Die Reibereien zwischen Nicole Duval und Professor Zamorra eskalieren in
einem handfesten Streit und Nicole zieht aus dem Chateau Montagne aus, in
eine Vierzimmerwohnung nach Paris. In dem Haus geschieht allerdings ein
mysteriöser Todesfall, bei dem ein Untoter aus der Zeit der
französischen Revolution seine fauligen Finger im Spiel zu haben scheint.
Der zuständige Ermittler bittet seinen Kollegen Pierre Robin aus Lyon
um Hilfe, der bass erstaunt ist, als ihm bei der Zeugenvernehmung Nicole
Duval die Türe öffnet. Der Chefinspektor packt die Gelegenheit
beim Schopfe und nötigt Nicole zu Mitarbeit, obwohl sie eigentlich nichts
mehr mit Dämonen und Übernatürlichem zu tun haben
will
Meinung:
Wer hätte gedacht, dass dieser Roman eines Tages erscheinen würde?
Nicole und Zamorra galten seit jeher als das Traum- und Liebespaar schlechthin,
und das nicht nur innerhalb der Serie, sondern im Bereich Heftromane
überhaupt. Während andere Helden als Aufreißer die Frauenwelt
unsicher machten, war Zamorra immer treu und aufrichtig. Doch bereits in
den letzten Romanen zeigten sich in unregelmäßigen Abständen
Anzeichen dafür, dass die so innige Verbindung zwischen den beiden
Dämonenjäger Risse aufwies. In dem vorliegenden Band, geschrieben
von Christian Schwarz, kommt es also zur titelgebenden (vorläufigen)
Trennung, in deren Verlauf sich die aparte Französin ein Apartment in
Paris zulegt. Während für den Professor eine Welt zusammenbricht
und er verzweifelt Rat bei Asmodis sucht, erreicht Nicole einen neuen Gipfel
der Zickigkeit. So unerträglich launisch hat man die Gefährtin
des Meister des Übersinnlichen lange nicht erlebt und selbst als Leser
hofft man, dass ihr Verhalten mit dem Amulett in Zusammenhang steht und die
Silberscheibe entweder einen schnellen Abgang macht, oder baldigst repariert
wird. Dennoch ist die momentane Situation äußerst interessant
und bietet reizvolle Möglichkeiten für weitere Abenteuer. Seit
dem wegweisenden Jubiläums-Dreiteiler (Band
900,
901 und
902) und Zamorras größtem
Schock (siehe Band 915 /
916) ist dies nun das dritte Ereignis
binnen kürzester Zeit, dass die Gefüge der Serie nachhaltig
erschüttert. Ein glänzender Roman, der mit einer düsteren,
spannenden und hervorragend recherchierten Nebenhandlung aufwartet. Sonderbar
ist lediglich, dass mit keinem Wort erwähnt wird, wie Nicole ihren weiteren
Lebensunterhalt bestreiten will. So wie sie sich gegenüber Zamorra benommen
hat, ist es von ihrer Seite aus eine Dreistigkeit weiter ihr
Sekretärinnengehalt einzufordern.
Fazit: So interessant und spannend wie nie. Ein wegweisender Roman, den sich
kein Fan entgehen lassen sollte. Trotz Nicoles Launigkeit, ein spannendes
Lesevergnügen.
Besonderheiten:
Nicole Duval verlässt Professor Zamorra vorrübergehend und mietet
sich eine Vierzimmerwohnung in Paris.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Eine Szene aus dem Roman, die aber besser zu einem Krimi gepasst hätte
und wenig Lebendigkeit ausstrahlt.
Coverbewertung: