Professor Zamorra Nr. 908: Höllenbrut
Jared schob seinen Finger zwischen Hals und den engen Kragen seines Pullis
und zog daran. Keine Chance, dachte er, während er den Finger ergebnislos
hin und her bewegte und sich dann seufzend durch das kurz geschorene braune
Haar strich. Seine Frau Phillis hatte seinen Lieblingspulli viel zu heiß
gewaschen, mal wieder. Kopfschüttelnd nahm sich der kräftige Mann
ein Whiskyglas vom Beistelltisch neben der Couch, schenkte sich die goldene
Flüssigkeit aus der halb vollen Karaffe ein und überlegte, ob er
sich vor den Nachrichten noch schnell umziehen sollte. Aber das würde
Phillis bestimmt nur dazu bringen, ihm einen immens hohen Verbrauch an
Wäsche vorzuwerfen. Und dazu hatte er nach diesem Tag auf der Arbeit
nun wirklich keine Lust. Genießerisch atmete er das salzig-torfige
Aroma des Whiskys ein. Endlich Ruhe an seinem Feierabend. Seine täglichen
Dämonen konnten schlafen...
von Jessica Schmitz, erschienen am 17.03.2009, Titelbild: Nils Kreutzer
Rezension von
Stefan (Lobo)
Albertsen:
Kurzbeschreibung:
Beim Versuch die Tür zum Gäste-WC in seiner Wohnung zu reparieren
und dabei die wütenden Kommentare seiner Ehefrau Phillis zu ignorieren,
findet Jared (ein Nachname wird während der gesamten Geschichte nicht
genannt) einen merkwürdigen Schlüssel. Dieser passt problemlos
ins Schloss der WC-Tür, nur bewirkt er, nachdem er gedreht wurde, dass
sich ein Tor zu Hölle öffnet, welches den Schlosser erfasst und
verschluckt.
Auf Château Montagne bereiten sich der Schlossherr - Professor Zamorra
- und seine Sekretärin/Lebensgefährtin/Kampfgenossin - Nicole Duval
- auf eine mordsmässige Party vor. Nicole empfand es als wichtig die
Bewohner des nahegelegenen (und wohl immer noch namenlosen) Dorfes einzuladen
und ein wahres Jahrhundertfest zu zelebrieren. Zamorra, der der Fete mit
gemischten Gefühlen entgegenblickt, hat bei einem Ausflug in die
unergründlichen Weiten des Schlosskellers ein Kästchen gefunden,
in welchem sich ein Schlüssel befand. Während Nicole sich für
das Fest zurechtmacht, probiert Zamorra den Schlüssel an einer
Zimmertür aus und ist überrascht, als er erkennen muss, dass er
passt. Noch überraschter sind er und Nicole gleich darauf, als sich
hinter der Tür ein Höllenschlund auftut und die beiden blitzartig
verschlingt.
Sie landen in einer bizarren Landschaft, die ohne Zweifel zur Hölle
gehört, die aber andererseits wesentlich wirtlicher wirkt, als jede
andere Region der Schwefelklüfte, in die es den Meister des
Übersinnlichen und seine Gefährtin bereits verschlagen hat. Die
Szenerie wird noch eigentümlicher, als ihnen Menschen begegnen, die
offensichtlich in diesem Teil der Hölle leben (und sogar Getreide und
dergleichen anbauen können). Der Anführer aus dem Dorf Oxalis ist
niemand anderer als Jared, der lange/einige/kurze (??) Zeit vorher dorthin
verschlagen wurde und sich, wie all die anderen Männer, die im Dorf
anzufinden sind, gerne hier aufhält. Jared berichtet davon, dass die
Männer alle aus unglücklichen Umständen - wie z. B. in seinem
Fall eine furchtbare Ehe - hierher verfrachtet wurden, nachdem sie
merkwürdige Schlüssel fanden und diese benutzten. Sie wurden
gewissermaßen als "Zuchthengste" benutzt, um den Höllen-Amazonen,
die ja auch Stygia dienen, Nachkommenschaft zu gewährleisten.
Männliche Nachkommen wanderten in ihre Obhut und wurden in Oxalis
aufgezogen. Zamorra und Nicole sind verwirrt ob dieser Informationen und
werden von Jared aufgefordert der Gemeinschaft Oxalis' beizutreten. Dafür
müssen vier Prüfungen bestanden werden, die sich als vertrackt,
anstrengend und sogar gefährlich erweisen.
Während der zweiten Prüfung wird Nicole von einem geflügelten
Dämon namens Said entführt, der der Sohn von Jared und der
Anführerin der Mal'akin Savena ist. Savena ist die Anführerin jener
speziellen Amazonen in diesem abgelegenen Teil der Hölle und will Zamorra
unbedingt "besteigen" (wenn man so will). Said bringt ihr Nicole und stellt
sich dem Professor später als Gegner in einem Zweikampf der die dritte
Prüfung darstellt. Zamorra überwindet Said und wird dann von Jared
zu Savena geführt, die ihre Succubus-Kräfte einsetzt, um den Meister
des Übersinnlichen zu verführen. Dies geschieht vor den Augen der
hilflosen Nicole. Kann Zamorra widerstehen? Oder vermag Savenas Zauber ihn
dermaßen zu betören, dass er ihr Nachkommen schenkt?
Meinung:
Also wir haben es hier mit einem wirklich eigenartigen Roman der PZ-Reihe
zu tun. Auf der einen Seite wartet Jessica Schmitz' Erstlingswerk dieser
Serie mit einigen interessanten Aspekten auf. Z. B. der Beginn der Geschichte,
wo Jared etwas so belangloses tut, wie eben eine WC-Tür zu reparieren,
nur um dann wenige Augenblicke später in die Hölle gesogen zu werden.
Die Sache mit den Schlüsseln hat mir auch irgendwie gefallen und auch
der Umstand, dass die Männer, die in Oxalis leben, die eine Hölle
(nämlich die der unglücklichen Ehe) gegen die wirkliche und wahrhaftige
eintauschten und dort ein verhältnismäßig glückliches
Leben führen. Schön fand ich die Szene, in der Zamorra und Nicole
auf einem Haufen von Schlüsseln landeten, die wohl alle irgendwann einmal
benutzt wurden und dafür sorgten, dass Nachschub für Oxalis in
die Schwefelklüfte verfrachtet wurde. Leider wird nicht geklärt
wo diese Schlüssel herkommen, oder wie eines dieser Exemplare in den
Keller des Château Montagne gelangen konnte, aber vielleicht nimmt
sich Frau Schmitz dieser Thematik später noch einmal an.
Alles in allem strotzt der Roman vor Einfällen und wirkt daher manchmal
auch ein wenig überfrachtet. Hinzukommt, dass diese vielen Ideen, auch
wenn sie reizvoll erscheinen, den Aufbau der Geschichte etwas stören.
Manche Passagen ziehen sich etwas und andere, wo man sich ein paar Zeilen
mehr gewünscht hätte, werden zu schnell abgehandelt.
Nichtsdestotrotz ist "Höllenbrut" unterhaltsam und vermag als Einzelroman
mit ganz kleiner Fortsetzungsmöglichkeit zu überzeugen. Ein Wiedersehen
mit Jared oder Savena wäre schon interessant. Schaun wir mal!
Besonderheiten:
Erster (und evtl. letzter?) Auftritt von Jared.
Erster (und evtl. letzter?) Auftritt von Savena.
Auf Château Montagne findet eine Jahrhundertfete statt
und Nicole
und Zamorra verpassen sie ;) !
2 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Zwar zeigt das Cover eine Szene aus dem Roman und gibt sie auch recht detailliert
wieder (ich verweise auf die vielen Schlüssel am Boden hinter Zamorra
und Nicole), aber trotzdem gefällt es mir nicht so richtig. Es wirkt
einfach zu künstlich und erschafft für mich keine Atmosphäre.
Dafür vergebe ich leider nur ein Kreuz.
Coverbewertung:
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Nicole Duval will aufgrund der turbulenten Wochen zuvor, eine riesige Gartenparty
im Chateau Montagne geben, während Zamorra sich eher nach Ruhe und Frieden
sehnt. Er durchstöbert einmal mehr die Kellerlabyrinthe unterhalb des
Schlosses und findet ein sonderbar verziertes Kästchen mit einem
Schlüssel darin. Dieser Schlüssel öffnet ein Dimensionstor
und reißt Nicole und ihren Gefährten mit sich in die Hölle.
Dort treffen sie auf Männer, die wie die Dämonenjäger einst
durch einen Schlüssel aus dem ihnen verhassten Lebe herausgerissen wurden.
In der Hölle fanden sie eine neue Heimat und gründeten ein Dorf,
in dem ausschließlich Männer leben, die mit weiblichen
Halbdämonen Kinder zeugten. Die Anführerin erwählt Zamorra
zu ihrem neuen Gefährten, da sie hofft durch ihn in der Gunst der
Ministerpräsidentin der Hölle zu steigen. Nicole Duval ist ihr
bei diesem Vorhaben selbstverständlich ein Dorn im Auge
Meinung:
Jessica Schmitz Einstand in die Serie liest sich sehr gefällig und
fügt sich nahtlos in den Serienkosmos ein. Natürlich weisen die
Charaktere noch einige Ecken und Kanten auf, was sicherlich normal ist, wenn
man von jetzt auf gleich fremden Figuren Leben einhauchen soll. Von der
Distanziertheit, die Nicole gegenüber ihrem langjährigen
Lebensabschnittsgefährten hegt ist nichts zu spüren. Im Gegenteil,
die beiden Dämonenjäger schäkern und frotzeln wie eh und je,
lediglich Zamorras Anrede gegenüber Nicole mutet ein wenig sonderbar
an. "Meine Liebe" wirkt so altbacken und passt irgendwie nicht so recht zu
dem dynamischen Parapsychologen, ebenso wenig, die Bezeichnung "Magier".
Für die Titelfigur gibt es mittlerweile so viele, eingebürgerte
Umschreibungen, dass diese eher für Merlin oder diverse Nebenfiguren
reserviert bleiben darf. Die Geschichte beginnt zunächst sehr
undurchsichtig, entwickelt sich im Lauf der Handlung aber recht flott zu
einem unterhaltsamen Fantasy-Abenteuer, das die Hölle von einer Seite
zeigt, die bis dato nur Volker Krämer anzuschneiden sich getraute. Die
Idee mit dem Schlüsselparadoxon und dem Dorf in den Schwefelklüften,
das nur von Männern bewohnt wird, zeugt von einem skurrilen Sinn für
Humor. Allein dadurch passt die neue Autorin hervorragend in das bestehende
Team. Traumwandlerisch sicher gelingt ihr die Darstellung Stygias, die
bedauerlicherweise nur einen kleinen, aber denkwürdigen Auftritt hat.
Auffällig sind leider die vielen Druckfehler, die den Lesespaß
doch etwas trüben. Dessen ungeachtet erwartet den Leser ein flott
geschriebener Roman, der hoffentlich keine Ausnahme bleibt.
Fazit: Spannender Einstand für die neue Autorin Jessica Schmitz, die
sich in der Welt von PROFESSOR ZAMORRA gut zurechtfindet.
Besonderheiten:
Erster Auftritt von Jared und dem Dorf Oxalis.
Erster Auftritt des Succubus Mal'akin.
3 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Eine recht seelenlose Grafik, die Zamorra und Nicole nach ihrer Ankunft in
der Hölle zeigt. Würde ich die Hefte nach ihrer Aufmachung kaufen,
hätte ich diesen Roman sicherlich liegen gelassen.
Coverbewertung: