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Es war zehn Minuten vor Mitternacht, als eisiger Wind über die Cordillera
de Vilcarnota hinwegfegte und die tiefhängenden Wolken über die
Schroffen und Grate nach Norden trieb. In den Siedlungen und Städten
am Rio Urubamba fuhren die Menschen hoch, sprangen aus den Betten, von ihren
ärmlichen Strohlagern oder ließen sich aus den Hängematten
fallen. Das hohle Pfeifen, das der Wind hervorrief, wenn er über die
Schluchten und Täler raste, kündigte Unheil an. Hier und dort schaute
einer auf die Uhr, begann die Minuten zu zählen. Die Menschen im Tal
des Rio Urubamba kannten sich aus. Kurz vor Mitternacht würde es ruhig
werden. Totenstill. Der Wind, der aus dem Gran Chaco kam und dem weitgespannten
Bogen der Kordilleren folgte, war dann auf dem Weg in die Selvas, um die
Kronen des Urwaldes am Amazonas zu zerzausen. Über dem Cerro Sargantay,
dem über sechstausend Meter hohen Bergmassiv westlich des Flusses, tauchte
plötzlich die riesige Silberscheibe des Mondes auf, schleuderte
unbarmherziges kaltes Licht tief hinunter bis in die kleinste Schlucht.