Professor Zamorra Nr. 60: Das Kastell der Toten

Professor Zamorra Nr. 60: Das Kastell der Toten


Donnernd schlug die Brandung gegen die Felsklippen, die im fahlen Mondlicht bizarr gegen den Himmel starrten. Hell spritzte die meterhohe Gischt in die Höhe, zerstäubte sich zu winzigen Wassertropfen, bevor sie sich wieder mit dem Meer vereinigte. Die Nacht brachte die ersehnte Kühle, hatte einen glühendheißen Augusttag abgelöst. Weit außerhalb der Bucht tuckerte ein kleines Fischerboot über die Wellen. Jorge Spinole, der Besitzer des Bootes, war ein uralter Mann. Er war damit beschäftigt, die Netze auszuwerfen. "Das wird heute bestimmt ein guter Fang", murmelte der Alte vor sich hin. Der Seebär zog die Kapitänsmütze, die so alt wie er selbst war, tiefer in die Stirn und kratzte über seine Bartstoppeln, die das verwitterte Gesicht bedeckten. Die Sturmlaterne am Bug des Kahns verbreitete milchiges Licht. Spinole war der einzige, der sich weit und breit hier befand. Die anderen Fischer zogen noch weiter hinaus und erhofften sich dadurch einen besseren Fang. Jorge Spinole war zufrieden. Er war Zeit seines Lebens bescheiden gewesen, hatte nie hohe Ansprüche an das karge Leben hier gestellt. Er blickte fast wehmütig zu dem Fischerort in der Bucht hin. Estaquiro! Hier lebte er schon, solange er denken konnte. Spinole ließ seine Blicke über das Dorf, wo noch vereinzelter Lampenschein zu ihm herüberblinkte, zu dem finsteren Berg, der sich über Estaquiro erhob, schweifen. Die dunklen Umrisse einer Ruine, die einst ein prächtiges Schloß gewesen sein mußte, ragten gespenstisch gegen den sternenübersäten Nachthimmel. Jorge Spinole schüttelte den weißhaarigen Kopf, während er den Motor abstellte. Es war beinahe still rings um ihn.


von Michael Hrdinka, erschienen am 05.10.1976

Rezension vom Frithjof:


Kurzbeschreibung:
Auf den Klippen über dem spanischen Fischerdorf Estaquiro trohnt die Ruine einer mittelalterlichen Templerfestung. Der Sage nach sollen die Tempelritter alle fünfzig Jahre wiederkehren, um auf dem Kastell einem seltsamen Meeresgott Menschen zu opfern. Bill Fleming, der Ausgrabungen auf dem Ruinengelände durchführt, erlebt einige gespenstische Dinge, die darauf schließen lassen, das Rückkehr der Templer tatsächlich erneut ansteht. Er informiert Zamorra, der sofort nach Spanien reist. Als die beiden die Ruine erforschen, werden sie durch eine Unachtsamkeit Bills ins Mittelalter versetzt. Dort müssen sich mit den noch sehr lebendigen Templer herumschlagen. Zwar gelingt den Freunden die Rückkehr in die Gegenwart, aber Zamorras Amulett bleibt zurück. Kaum sind Zamorra und Bill zurück, da steht auch schon die nächste Begegnung mit den Templern an. Auf einem "Geisterschiff" nähern sich ihre untoten Kadaver der Küste und Zamorra stehen als Waffen nur selbstgebastelte Armbrüste und ein paar silberne Bolzen zur Verfügung.


Meinung:
Ein sehr spannender Roman aus der guten alten Zeit, dessen sechzig Seiten man so wegliest. Schön, daß Zamorra einmal nicht ständig auf sein relativ allmächtiges Amulett zurückgreifen kann und improvisieren muss. Bei der Handlung wurde natürlich ordentlich bei Filmen wie "Die Nacht der reitenden Leichen" und "Das Geisterschiff der schwimmenden Leichen" geklaut. Einige Elemente, wie das Läuten der Kastellglocke oder die zeitlupenhaften Bewegungen der Templer wurden 1:1 übernommen. Der Spannung tut das aber keinen Abbruch und diejenigen, die sich auch heute noch mit einem Schmunzeln die ollen "Leichenfilme" ansehen können, werden sowieso einen Heidenspaß haben.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:
Das Cover ist ein echter Eye-Catcher, zumal es in einem direkten Zusammenhang zur Story steht. Es fängt die Atmosphäre des Romans schön ein, auch wenn ich mir die Templer ein wenig anders vorgestellt habe.


Coverbewertung:
4 Kreuze