Monstrula Nr. 29: Die Blutgöttin

Monstrula Nr. 29: Die Blutgöttin


Die Laute der Tierwelt waren verstummt, das Schweigen des Todes hatte sich über das undurchdringliche Dickicht des Urwaldes gelegt. Noch keines Weißen Fuß hatte das unwegsame Gelände betreten, und auch die Einheimischen mieden diesen Teil des Landes. Wie Blitze eines weit entfernten Gewitters leckten Flammenzungen zwischen den mächtigen Baumstämmen hoch, fraßen sich durch die Dunkelheit der unheilgeschwängerten Nacht. Dumpfes Dröhnen erschall, ließ die Luft erzittern. Gewaltige Trommeln wurden eintönig geschlagen, daß ihr klagender Ton weithin hallte. Die Flammen vergrößerten sich, verbreiteten einen glutroten Schein, der die Umgebung des Brandherdes in unwirkliches Licht tauchte. Nach und nach schälten sich die Konturen der Urwaldriesen aus der Finsternis der Nacht, danach die niedrigen, ängstlich geduckten Hütten, mit Stroh und Schilf gedeckt. Die Bewohner des zentralafrikanischen Dorfes Lusamba bildeten einen Halbkreis um das Feuer, wobei eine strenge Regel eingehalten wurde. Ganz dicht an den Flammen hockten die Männer, nur mit einem Lendenschurz bekleidet, der ihre schimmernden, muskulösen, eingeölten Körper frei ließ. Dahinter knieten die Frauen aller Altersstufen, verheiratet und unverheiratet. Sie trugen ein buntes Tuch um die Hüften geschlungen. Der Oberkörper war nackt. Viele der jüngeren Frauen waren von unglaublicher Schönheit. Hinter den Frauen standen die Kinder oder lagen, wenn sie noch zu klein waren, auf ihren Armen.


von M.R. Richards, erschienen am 29.09.1975, Titelbild: Olof Feindt