Monstrula Nr. 22: Ein Landhaus für den Satan

Monstrula Nr. 22: Ein Landhaus für den Satan


Die Clochards, die Penner von Paris, suchten sich Schlafplätze unter den Seine-Brücken, nahmen noch einen kräftigen Schluck aus den mitgebrachten Flaschen und deckten sich dann mit zerlumpten Mänteln oder Zeitungen zu. Die letzten Gespräche verstummten, bis auf das Brausen des Autoverkehrs auf der am Fluß entlangführenden Schnellstraße und das leichte Plätschern der Wellen kehrte Stille ein. Von der nahe gelegenen Notre Dame erklangen hell die ersten Schläge der vollen Stunde - Mitternacht. Die Turmuhr tönte nicht anders als in Tausenden Nächten zuvor, und doch hoben einige der Clochards die Köpfe und lauschten beunruhigt auf die Schläge. Keiner von ihnen sah die dunkle, vermummte Gestalt, die sich im Schatten der feuchten Kaimauer langsam heranschob, aber es war, als fühlten sie den stechenden Blick des brennenden Augenpaares auf sich gerichtet. Ohne ein Wort miteinander zu sprechen, rafften die Penner hastig ihre wenigen Habseligkeiten zusammen. Eine Schnapsflasche kippte um, rollte laut scheppernd und klirrend über die Steinplatten unterhalb der Brücke und fiel platschend ins Wasser. Der so plötzlich um seinen Alkoholvorrat gebrachte Clochard warf der Flasche trotzdem keinen Blick nach. Ebenso wie seine Gefährten kannte er nur noch einen Gedanken: er wollte so schnell wie möglich von dem Ort verschwinden, der ihm oftmals zuvor als Zuflucht für die Nacht gedient hatte.


von M.R. Richards, erschienen am 23.06.1975, Titelbild: Olof Feindt
Ein Zusatzhinweis zu dem Cover kommt von Michael Schick:
Als Vorlage für das Haus vom Titelbild dieses Romans diente wohl das berüchtigte Motel aus der "Psycho"-Filmreihe. Sogar das Licht ist im richtigen Zimmer eingeschaltet:

Psycho II