Macabros Nr. 45: Das Geheimnis der grauen Riesen

Macabros Nr. 45: Das Geheimnis der grauen Riesen


Die Tür am Ende des schwachbeleuchteten Ganges öffnete sich. Dr. Henry Herold, 36, Facharzt in dem kleinen Privat- Sanatorium am Rande von Valley Forest erweiterte den Türspalt vorsichtig und warf einen Blick nach draußen. Leer lag der Gang vor ihm. Herold hatte Nachtdienst. Die Nachtschwester hielt sich in dem kleinen Zimmer auf. Dort brannte ebenfalls Licht. In der Klinik war es ruhig. Es war wenige Minuten vor Mitternacht. Auf Zehenspitzen schlich Herold durch den Korridor. In der Mitte des Ganges etwa lag der Treppenaufgang. Dr. Herold hätte eigentlich schlafen und sich bereithalten sollen für den Fall, daß seine Hilfe in dieser Nacht gebraucht wurde. Aber damit rechnete er nicht. Es gab im- Augenblick keinen besonderen schweren Fall hier im Haus. Die diensttuende Schwester würde allein fertig werden. Außerdem hatte er nicht die Absicht, lange fortzubleiben.


von Dan Shocker, erschienen am 25.01.1977, Titelbildzeichner: R.S. Lonati

Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Dr. Henry Herold stößt im Zuge von Privatforschungen auf ein Dimensionstor, welches ihn zu der Welt der grauen Riesen bringt. Diese Wesen leben in Höhlen, die ihnen als Transporter durch sämtliche Dimensionen dienen. Schon vor Urzeiten hatten sie Kontakt mit den Menschen, diesen aber abgebrochen, da die grauen Riesen mit den Menschen schlechte Erfahrungen gemacht hatte. Henry Herold informiert seinen Bruder Kenneth von seiner Entdeckung und macht sich mit ihm gemeinsam auf den Weg zu den grauen Riesen. Als sie den Rückweg antreten wollen, gelingt aber nur Kenneth die Reise, Henry bleibt auf der Welt der grauen Riesen verschollen. Dorthin verschlägt es auch Björn Hellmark, der eigentlich mit dem Lichtwesen D’Dyll auf dem Weg zur Erde ist. Auf ihrer Reise vernimmt D’Dyll plötzlich Signale eines weiblichen Wesens seiner Art und lässt Björn auf der Welt der grauen Riesen zurück. Dort macht der Deutsche eine grauenhafte Entdeckung: Seit Urzeiten bewachen die grauen Riesen einen Gegenstand, den die Schwarzen Priester unter allen Umständen in ihre Finger bekommen wollen: Das Blutsiegel des Molochos, welches Pest und Tod über die Menschen bringen kann....


Meinung:
Von Dan Shockers Zweitserie sind mir im Prinzip nur die ersten Romane bis Band 18 bekannt, so dass ich mich erst in die komplexe Handlung einfinden musste. Macabros zeichnet sich ja durch einen stark Zyklenhaften Aufbau aus, was es Erstlesern nicht einfach macht, mitten drin anzufangen zu lesen. Doch durch Erklärungen und Einführungen gelingt es dem Autor schnell, dem Leser zu vermitteln, was nun für die vorliegende Story von Belang ist und was nicht. In diesem Band erwartet einen wieder eine gekonnte Mischung aus Fantasy-, Science-Fiction- und Horror-Elementen. Letztere kommen zum größten Teil in der Nebenhandlung um Kenneth und Liz Herold zum Tragen, die zu Spielbällen des Schwarzen Priesters werden. Die titelgebenden grauen Riesen sind interessante Geschöpfe, deren Leben zu analysieren sich schon lohnt und das Blutsiegel des Molochos ist im Prinzip eine Art Büchse der Pandora, welche noch spannende Verwicklungen verspricht. So ganz klar wurde allerdings nicht, weshalb D’Dyll gerade in dem Moment die Signale seiner Partnerin vernahm, als er sich in der Nähe der Welt der grauen Riesen befand. War das nun ein Zufall oder eine Falle? Vielleicht wird dieser Umstand in späteren Romanen noch einmal aufgegriffen. Die vorliegende Geschichte bietet jedenfalls rasante und abwechslungsreiche Unterhaltung mit einem äußerst spannenden Cliffhanger...


Besonderheiten:
Erster Auftritt von Molochos’ Blutsiegel
Erster Auftritt von Dr. Henry Herold


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Das Cover zeigt einen grauen Riesen und seinen Nachwuchs, der gerade aus einem Ei schlüpft, sowie den Schwarzen Priester im Hintergrund. Die Szene kommt im Roman genauso vor und wurde von Lonati auch zeichnerisch sehr gut festgehalten, wird aber auf Außen-stehende sehr bizarr wirken.


Coverbewertung:
3 Kreuze

Rezension von GoMar:


Kurzbeschreibung:
Dr. Henry Herold, Hospitalleiter in Valley Forest, hat im Keller des Hospitals ein Dimensionstor entdeckt, das ihn durch den Kosmos befördert in wenigen Augenblicken. So gelangt er schließlich auf die Welt der grauen Riesen. Er überredet seinen Bruder Kenneth, mit ihm auf die Entdeckungsreise zu gehen. Als sie die letzte Dimensionsmauer knacken, versetzt ein dämonischer Schatten Kenneth in Panik und er schließt das Tor wieder durch ein Ungeschick. Henry kommt gerade noch nach drüben, Kenneth kann nur die Heimreise wieder antreten. Das Tor ist aber verschlossen; Henry Herold kann nicht mehr zurück. Ein Schwarzer Priester will von Kenneth erreichen, daß er die Aufzeichnungen Henry Herolds an ihn übergibt, damit dieser auf die Welt der grauen Riesen kommt. Denn dort liegt ein weiterer Teil des Geheimnisses: das Blutsiegel des Molochos. Kenneth hat einen Hauch davon abbekommen und stirbt in Folge an der Pest, weil er nicht bereit ist, dem Schwarzen Priester zu dienen. Dieser nimmt seine Gestalt an und überredet so Liz Herold, die Frau Henry Herolds, dies zu tun. Als er sein Ziel erreicht hat, schlägt er sie brutal zusammen, als Rache gegenüber ihrem Mann.
Björn Hellmark gelangt unterdessen mit D'Dyll-vh'on-Ayy, einem Energiewesen, auf der Suche nach Tschinandoah auf die Welt der grauen Riesen, weil D'Dyll die Signale eines weiblichen Energiewesens empfängt und sich total verliebt in sie. Er setzt Björn einfach aus. So trifft Björn Henry Herold wieder, und sie müssen feststellen, daß die grauen Riesen die Menschen nicht mögen, weil von ihnen stets Unheil ausgeht. Das Blutsiegel wurde auch von der Erde gebracht und verursachte viel Leid, bis es ihnen gelang, es für sie zu neutralisieren. Henry Herold fällt schließlich in den Schacht und versinkt im Blutsiegel. Björn wird aus der Höhle, in der sie ihre Brut aufziehen, vertrieben. Draußen gelingt ihm die Rettung eines jungen grauen Riesen vor dem sicheren Tod und so nähern sich die Grauen ihm an.
Da erscheint Dr. Henry Herold wieder - es ist der Schwarze Priester, der das Blutsiegel holen und damit die Menschheit auf der Erde vernichten will - und erschießt mehrere gerade geschlüpfte Junge der grauen Riesen. Ihre Verachtung gegenüber Menschen ist wieder da. Sie retten sich schließlich selbst durch ihre Geisteskraft und so will "Herold" Björn töten. Das mißlingt. Am Schacht des Blutsiegels kommt es zu einem Entscheidungskampf. Schließlich stürzt auch Björn in den Schacht, dem Blutsiegel entgegen. Dämonenmaske und Schwert bleiben am Schachtrand zurück ...


Meinung:
Ein sehr gut geschriebener Roman, der uns wieder mit Dr. Henry Herold zusammenführt, der in Roman Nr. 38 erstmals auftauchte. Er schafft es, mittels Dimensionstransportern, angelegt von den grauen Riesen, zu ihnen zu gelangen. Hier persifliert Dan Shocker etwas die SF-Literatur, indem er schreibt, daß mit Raumschiffen die Menschen es niemals schaffen k ö n n e n, das Weltall zu erobern, weil ein Menschenleben einfach zu kurz ist. Da man unterdessen weiß, daß er früher als Jay Grams und als Jürgen Grasse selbst sehr gute SF-Romane schrieb, finde ich diese Erklärungen von ihm hervorragend, weil sie meiner Meinung nach auch wirklich den Tatsachen entsprechen. Laut D. S. ist es nur mit Hilfe des menschlichen Geistes möglich, nicht mit der Technik. Hier geißelt er auch den Technikwahn der Menschen, die diesem Moloch alles unterordnen und sogar bereit sind, sich dadurch ihr eigenes Grab zu schaufeln. Sehr vorausschauend von D. S., kann ich da nur sagen!
Mit dem Blutsiegel des Molochos erfindet er nun eine neue Dimension des Grauens, denn dieses Siegel könnte die gesamte Menschheit an der unaufhaltbaren Pest sterben lassen, käme es auf die Erde. Auch hier wieder: der kollektive Tod kann durch Artefakte aus dem All leicht auf die Erde gebracht werden, und wir würden ihn noch begrüßen ...
Schade ist, daß im Roman nicht geklärt wird, was mit D'Dylls Liebesrausch passiert oder ob es eine geschickt ausgelegte Falle Molochos' war, in die er tappte. Das gibt sicher noch Stoff für weitere Romane, ebenso die Beziehung der grauen Riesen zu den Menschen, da es Björn gelingt, das Eis etwas zu brechen.
Was mir sonst in letzter Zeit auffällt ist, daß die Schwarzen Priester von D. S. zwar gewissenlos dargestellt werden, aber irgendwie doch wieder ziemlich menschlich, was sie ja ursprünglich auch waren. Im Vergleich zu anderen Heftromanserien wirken sie auf mich doch sehr menschlich, zwar brutal und mörderisch, aber das extrem dämonische, das extrem grauenhafte Agieren wird bei weitem nicht so ausgeprägt beschrieben wie zum Beispiel beim Dämonenkiller. Dan Shocker wußte in den 70ern und Anfang der 80er mit seinen phantastischen Beschreibungen und seinem unerschöpflich scheinenden Ideenreichtum zu fesseln. Da brauchte es einfach weniger Splattergewalt, und wir warteten trotzdem Monat für Monat gespannt auf den neuen Macabros.
Fazit: Der vorliegende Roman ist sehr spannend geschrieben, abwechslungsreich, mit einigen sehr guten Wendungen des Handlungsablaufs. Der Plot weiß zu überzeugen und mit dem offenen Schluß ist man schon äußerst gespannt darauf, wie es mit Björn weitergehen wird auf seiner endlosen Odyssee durch die Dimensionen des Kosmos' ...


Besonderheiten:
1. Dr. Henry Herold hat seinen 2. Auftritt und gelangt zu den grauen Riesen.
2. Ein Schwarzer Priester, Ontar Muoll, tritt auf und wird von Hellmarks Schwert vernichtet.
3. D'Dyll erliegt dem Liebeswahn und setzt Björn auf einer fremden Welt aus.
4. Björn rettet einem jungen grauen Riesen namens Bho-Ktha das Leben und sie werden Freunde.
5. Das Blutsiegel des Molochos wird entdeckt und Björn Hellmark stürzt hinein.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Die von Lonati dargestellte Szene ist so im Roman beschrieben, als Ontar Muoll als Henry Herold auf die jungen grauen Riesen schießt. Diese Wesen sind ziemlich gut dargestellt, wenn sie auch nicht schwer zu malen sind wegen ihrer Unförmigkeit. Die Hintergrundfarbe wird im Roman eigentlich als dunkelorange beschrieben, aber das wäre wohl zu eintönig geworden. Von Lonati habe ich dennoch schon viel Besseres gesehen.


Coverbewertung:
3 Kreuze