John Sinclair TB Nr. 310: Die Vampir-Dschunke
Die Nebelwand war plötzlich da wie in einem Horror-Film. Vor der britischen
Ostküste glaubten die Matrosen eines Patrouillenboots ihren Augen nicht
zu trauen. Wie ein Geisterschiff tauchte eine alte chinesische Dschunke aus
der grauen Wand hervor. Keiner der Männer war auf den archaischen Angriff
vorbereitet, der folgen sollte, und nur der Commander überlebte den
Überfall. Sein Bericht alarmierte nicht nur die Navy und den Geheimdienst,
sondern auch Suko und mich. Gemeinsam mit der Vampirin Justine Cavallo machten
wir uns auf die Suche nach der Dschunke
von Jason Dark, erschienen im Februar 2007, Titelbild: E.J. Spoerr
Rezension von
Florian
Hilleberg:
Kurzbeschreibung:
Die Besatzung eines Patrouillenbootes trifft auf einer seiner Rundfahrten
auf eine Nebelwand, in deren Inneren sich eine altertümliche Dschunke
verbirgt. Durch magische Kräfte wird das Militärschiff zum Halten
gebracht und von unheimlichen Gestalten geentert, die sich als uralte,
chinesische Vampire entpuppen. Es kommt zu einem Gemetzel, dem nur der Commander
entgeht. Militär und Geheimdienst stehen vor einem Rätsel und so
wird Sir James Powell um Hilfe gebeten. Der setzt seine besten Männer
auf diesen Fall an. Während Suko sich in Chinatown nach einer Dschunke
umhört, aktiviert John Sinclair die blonde Bestie Justine Cavallo. Die
Vampirin macht sich im Bereich der Themse auf die Suche nach dem chinesischen
Vampirschiff und findest es auch recht schnell, da sie in der Lage ist, die
Anwesenheit ihrer Artgenossen zu spüren. Justine begibt sich an Bord
des mysteriösen Schiffes, um herauszufinden, was das Ziel der Blutsauger
ist. Derweil erfährt Suko von dem chinesischen Gangsterboss Hainan,
dass die Dschunke wegen ihm nach London gekommen ist. Hainan finanzierte
in der Nähe von Shanghai den Bau eines Staudammes. Dadurch wurde die
Vampir-Dschunke befreit, die im Meer versunken war und deren Besatzung unter
dem Schutz des Dämons Gaufur steht. Hainan und Suko ziehen sich in ein
Haus des Mafiosi nahe der Themse zurück. Währenddessen begibt sich
John mit einem Boot der River-Police auf die Fährte der Dschunke.
Tatsächlich steuert die Dschunke das Domizil Hainans an und bald schon
kommt es zu einem mörderischen Showdown an Bord der Vampir-Dschunke
...
Meinung:
Der Titel suggeriert zunächst einen Roman, der mit asiatischer bzw.
chinesischer Mythologie zu tun hat. Allerdings sollte der Leser seine Erwartungen
dahingehend nicht zu hoch ansetzen, denn die Geschichte spielt in London
und es werden auch keine Querverbindungen zu Shimada, Amaterasu oder gar
Susanoo gezogen. Auch die Artefakte eines Yakup Yalkinkaya finden ebenso
wenig Eingang in die Handlung wie Shao, das Phantom aus dem Jenseits. Auf
Rückblicke ähnlicher Fälle muss der Leser genauso verzichten.
John erinnert sich weder an die
"Vampir-Flotte"
noch an den
"Gelben
Satan" oder gar an
"Die
Teufels-Dschunke". Dafür bekommt man den Eindruck, als ob John und
Suko zum ersten Mal chinesischen Vampiren gegenüberstehen würden.
Statt dessen präsentiert Jason Dark einen rasanten Vampirroman mit viel
Action. Dafür sorgt allein schon Justine Cavallo, die mit ihrer perfekten
Figur perfekte Fights hinlegt und der verdammten Bande auf der verdammten
Dschunke zeigt wo es langgeht. Dieser Satz beweist, dass der Autor immer
noch gerne nach Schema F schreibt und diverse Lieblingswörter und -phrasen
immer wieder einsetzt. Auch ein bekanntes Sprichwort wird von ihm einmal
mehr verdreht: "Ob sie einen Erfolg erzielen würde, stand noch in der
Schwebe." Also entweder er wollte schreiben "stand noch in den Sternen" oder
"hing noch in der Schwebe" oder es war ihm einfach egal. Natürlich spielt
Kommissar Zufall eine tragende Rolle in diesem Fall, denn bereits Sukos erste
Kontaktadresse in Chinatown ist ein Volltreffer. Nicht nur, dass Hainan
über die Dschunke Bescheid weiß, nein, sie ist auch wegen ihm
in London. Und warum? Weil er durch sein Geld eine Sprengung finanzierte,
welche letztendlich dafür sorgte, dass die Vampire freikamen. Dafür
muss natürlich Rache genommen werden. Sich in einem Sinclair-Roman
über Motive den Kopf zu zerbrechen ist müßig und wenig
erfolgversprechend. Positiver zu bewerten ist dagegen Johns Konflikte mit
Sir James und Glenda, weil er Justine mit einspannt. Glenda trifft den Nagel
auf den Kopf und spricht vielen Fans aus der Seele als sie sagt: "Himmel,
John Sinclair, wie tief bist du gesunken ...?" Selbst der Superintendent
billigt Johns Vorgehen nicht uneingeschränkt und ist regelrecht sauer
auf ihn. Die Streitereien vermitteln aber auch den Eindruck, als ob dieser
Roman bereits zu einem viel früheren Zeitpunkt geplant war, denn es
scheint manchmal so zu sein, dass John und Justine noch am Beginn ihrer
"Partnerschaft" stünden. So sind John und Suko keineswegs fest davon
überzeugt, dass Justine auf ihrer Seite steht, weil sie ja gegen Artgenossen
kämpfen müsse. Das hat sie früher aber bereits öfter
getan und sie hat auch schon mehr als einmal an John und Sukos Seite
gekämpft. Gut war auch die Idee, die Vampire aus dem Unsichtbaren agieren
zu lassen. Weshalb John dann aber nicht das Vampirpendel mitgenommen hat
ist fraglich. Vermutlich wurde es bereits vergessen. Der Beginn des Buches
ist allerdings eher untypisch für einen Sinclair-Roman, zum einen was
die Anzahl der Toten angeht und zum anderen die Brutalität. Schonungslos
geht es zur Sache, als die Vampire die Besatzung regelrecht abschlachten.
Das Überleben des Commanders wird aber alles andere als schlüssig
und logisch erklärt und diente wohl einzig und allein dafür, dass
John und Suko konkrete Anhaltspunkte erhielten. Das Finale kann sich im Gegenzug
sehen lassen, denn zumindest Johns Kampf mit den Vampir-Piraten liest sich
sehr dramatisch und kurzweilig. Leider geht der Autor nicht mehr auf den
Dämon Gaufur ein, der hinter der Dschunke stecken soll. Vielleicht will
Jason Dark einen neuen Gegner aufbauen, was aber in einem Taschenbuch eher
selten geschieht. So bleibt dieser vielversprechende Roman in den Ansätzen
stecken und weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.
2 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Spoerr hat ein nichtssagendes Cover entworfen, dessen Schiff nicht gerade
wie eine altertümliche Dschunke aussieht. Man siehe sich das Cover zu
TB
007 "Die Vampir-Flotte" oder zu dem Heftroman
Nr.
168 "Die Teufels-Dschunke" an und weiß, wie ein gruseliges Titelbild
aussehen sollte. Das Bild ist nicht unbedingt schlecht, aber gewiss kein
Eyecatcher, der im Gedächtnis haften bleibt.
Coverbewertung: