John Sinclair Nr. 1683: Aus der Hölle entlassen
Der Mann zitterte am ganzen Leib. Er brüllte seine Not hinaus. Er sah
das Feuer, das er nicht löschen konnte, und spürte dessen Kraft.
Es stand wie eine Wand vor ihm, aber es gab keine Hitze ab, denn es war etwas
Besonderes. Der Mann nahm alle Kraft zusammen, um sich zu artikulieren. "Ich
will bei dir bleiben!", brüllte er. "Ich will es, verdammt! Nur bei
dir bleiben! Hörst du?" "Nein!" Die Antwort hatte wie ein mächtiges
Brausen geklungen. Die Feuersbrunst fing an zu tanzen, als würden sich
in ihr mächtige Dämonen bewegen. Dann huschte sie auf den Mann
zu, erreichte ihn, aber sie verbrannte ihn nicht. Wieder brüllte er,
weil er das Gefühl hatte, vor Schmerzen vergehen zu müssen. Er
verlor den Kontakt mit dem Boden, und plötzlich erhielt er einen starken
Stoß, der ihn wegschleuderte. Wohin, das wusste er nicht. Ihm war nur
klar, dass er auf das falsche Pferd gesetzt hatte. Die Hölle wollte
ihn nicht. Sie hatte ihn entlassen
von Jason Dark, erschienen am 12.10.2010, Titelbild: Okon
Rezension von
VoXpOpZ:
Kurzbeschreibung:
John erhält Besuch von einem Geist namens Andreas Moreno, der ihn in
die Vergangenheit zerrt. Hier begegnet John dem historischen Moreno, einem
brutalen Räuber, der sich mit dem Teufel verbündet hat. Als Hector
de Valois auftaucht und Moreno ausschaltet, weiß John, warum es dessen
Geist ausgerechnet auf IHN abgesehen hat: Aus der Hölle entlassen will
Moreno sich am Erben von Hector de Valois' Kreuz rächen. Glenda verhindert
das, indem sie sich in die Vergangenheit beamt und John in die Gegenwart
zurückholt.
Meinung:
Zeitreiseromane zählen seit vielen, vielen Jahren zu meiner
Lieblingsunterkategorie bei GJS und so reiht sich "Aus der Hölle entlassen"
in eine Serie von guten Romanen, die man getrost mehrmals lesen kann. Johns
Reise ins vorviktorianische England wird für ihn zum schonungslosen
Ausflug in eine brutale und selbstgerechte Vergangenheit. Seine Versuche,
ohne Kreuz Licht ins Dunkel zu bringen und Stück für Stück
zu klären, warum Moreno es ausgerechnet auf ihn abgesehen hat, sind
von Vornherein zum Scheitern verurteilt. Zu fremd ist das unbekannte Terrain,
zu gefährlich die andere Seite. Dass John - als er ausgerechnet den
Wirt auf seine Seite zieht - dem Falschen vertraut und sich seinem Feind
ausliefert, zeigt, wie schutzlos unser Held den Widrigkeiten der unbekannten
Vergangenheit ausgesetzt ist.
Der Autor versieht diese Passagen mit soviel Flair und Atmo, dass es ein
Jammer ist, die Reise ins Gestern erst auf Seite 30 beginnen zu lassen. Diesen
Handlungsstrang hätte er gern noch etwas ausweiten können, denn
die Szenen in der siffigen Spelunke vor 200 Jahren stecken die Handlungssequenzen
im schwitzenden London locker in die Tasche. Der historische Moreno wirkt
außerdem viel brutaler und gefährlicher als seine Geistererscheinung
in der Garage von Bill Conolly. Der Moment beispielsweise, in dem Moreno
den abgetrennten Kopf seines Opfers aus der Tasche holt und auf die Theke
knallt, ist eine Szene, die unter die Haut geht und stärker wirkt als
ein faselnder Moreno mit Feuersäule aus der linken Hand.
Für eine freudige Überraschung sorgt der Gastauftritt von Hector
de Valois, einer der geheimnisvollsten Figuren der Serie überhaupt.
Johns Begegnung mit ihm, der Augenblick, in dem er quasi sich selbst
gegenüber steht, ist das Highlight des Hefts. Schade, dass hier
stückweise Potential verschenkt wird, weil John und Hector nicht miteinander
agieren und John lediglich Beobachter bleibt. Dass Glenda Perkins sich in
die Vergangenheit beamt und John rettet, senkt das Handlungsniveau etwas
ab. Hier wäre es schöner gewesen, wenn der kreuzlose John mit Hilfe
des kreuztragenden Hector in die Gegenwart zurückverfrachtet worden
wäre: eine solche Auflösung hätte den Roman über sich
selbst hinauswachsen lassen.
Glenda als rettender Engel ist aber auch ganz nett und tut dem durchweg positiven
Eindruck des Romans keinen Abbruch. Die Dramaturgie lässt sich zwar
an der einen oder anderen Stelle hinterfragen (warum beispielsweise erscheint
Andreas Moreno erst bei Bill Conolly und Sir James, um zu fragen, wo John
ist, wenn er ihn schließlich doch von selbst findet), insgesamt ist
das Heft aber ein Höhepunkt, ein MUST für jeden Fan, das sich fast
nahtlos an seinen Vorgänger anschließt.
Besonderheiten:
John begegnet Hector de Valois.
4 von 5 möglichen Kreuzen:
Kommentare zum Cover:
Brutal, wild und unheimlich - so wie Andreas Moreno im Roman beschrieben
wird, erscheint er auch hier auf dem Cover. Gelungenes Titelbild.
Coverbewertung: