Jaqueline Berger Nr. 11: Das Biest in mir
Jaqueline Berger Nr. 11: Das Biest in mir


New York – 17.04.2003 / 23:45 Uhr
„Jack, ist alles in Ordnung bei dir?“ „Sicher“, knurrte ich leise und löste den kleinen Verschluss, welcher das Seil daran hinderte, durch eine schmale Halterung zu laufen. Sofort ruckte es und ich sackte etwas in die Tiefe. „Hänge hier zwischen Himmel und Erde und versuche keinen Alarm auszulösen. Es ist warm, überall können Bewegungsdetektoren lauern und sobald der Alarm anschlägt, ist die Sache gelaufen. Aber sonst geht es mir wunderbar.“ Der Raum eines kleinen Privatmuseums erstreckte sich unter mir. Vitrinen, Gemälde an den Wänden sowie roter Teppichboden. In der Mitte des einzigen Ausstellungssaales eine besonders hübsche Vitrine mit einem Diamant. Der Stein war einige tausend Dollar wert und entsprechend gut musste die Sicherheitseinrichtung sein. Mein Job, sie auszutricksen. Erinnerungen wurden wach. An eine Zeit, als dies mein täglich Brot gewesen war. Nicht nur Raubgrabungen, sondern auch solche Aktionen. Irgendwelche Figuren, Waffen oder Münzen aus den großen und kleinen Museen dieser Welt stehlen, um sie für viel Geld zu verkaufen. Um Diamanten war es dabei nie gegangen. Eine Premiere, wenn man es richtig bedachte. Meine Arme zitterten. Das Seil war an einem Gurt befestigt, der mich einigermaßen in der Waagerechten hielt. Dennoch war viel Körperbeherrschung notwendig, um nicht abzukippen und dann irgendwelche unkontrollierten Bewegungen zu vollführen. „Also schön, jetzt kommt das Talkumpuder. Mal sehen, ob es Lichtschranken gibt.“ Sehr vorsichtig griff ich nach einem Beutel, der ebenfalls am Gurt befestigt war, und entnahm ihm ein kleines Päckchen Talkumpuder. Sofort begann das Schlingern, so dass ich ausgleichen musste. „Was wackelt denn da?“, zischte Roger von oben. Einmal mehr hatte ich ihn von meiner Insel geholt, damit er mir bei dieser Sache zur Hand ging. „Du solltest vorsichtig sein.“ „Schnauze da oben“, zischte ich. „Das ist nicht mein erster Job dieser Art. Wenn du also keinen Tritt riskieren willst, bist du still und lässt mich zappeln.“ Er schwieg, während es mir gelang, den kleinen Beutel mit dem Talkum zu öffnen. Vorsichtig begann ich es auszustreuen. Wirklich dauerte es nicht lange, bis sich der weiße Nebel, den das Pulver dabei bildete, im roten Schein mehrere Lichtschranken brach. Im Grunde war der Bereich bis etwa einen Meter über den Boden damit vollständig abgesichert. Dann jedoch endeten sie. Trottel. Wer ist denn hier für die Sicherheit zuständig? Die machen es einem aber wirklich leicht. Noch einmal warf ich etwas Puder, um sicherzugehen. Anschließend verschwand das nun leere Päckchen wieder in dem Beutel, ehe ich sehr, sehr vorsichtig die Brille aufsetzte. „Wie geht es dir?“ „Hervorragend. Erst jetzt wird mir klar, was ich all die Jahre vermisst habe. Hast du das Bild meiner Brille auf dem Monitor?“ Roger bestätigte dies. „Gut. Dann beginnen wir nun mit einem Scan nach Wärme-Detektoren und Bewegungsmeldern. Sobald du was hast, sag es.“ Vorsichtig bewegte ich meine Beine. Das Seil begann sich zu drehen und nahm mich mit, so dass bei maximalem Sichtwinkel der Brille eine Rundsicht auf den gesamten Raum möglich war. „Wir haben einen Bewegungsmelder, der die Türen und Fenster abdeckt. Die Kuppel jedoch scheint nicht überwacht. Wer auch immer für die Alarmanlagen verantwortlich zeichnet, sollte schleunigst ein paar Nachhilfestunden nehmen.“ „Stimmt. Keine Kameras, keine Bewegungsdetektoren und keine Lichtschranken über einen Meter. Das ist eine verdammte Einladung an jeden Einbrecher.“ Wieder gab der Verschluss des Seiles etwas Spiel und diesmal sirrte es regelrecht, als ich an ihm in die Tiefe sauste und erst knapp zwanzig Zentimeter über der Diamantenvitrine zur Ruhe kam. „Die letzte Hürde – der Stein an sich. Hier sind Drähte im Glas der Haube und der Stein scheint auf einer Waage gelagert. Nimmt man ihn weg, ändert sich das Gewicht und Alarm schrillt los.“ „Hast du einen Plan?“ „Wäre ich sonst hier unten? Das sind die üblichen Maßnahmen und nun wirklich keine Überraschungen.“


Rezension von Benfi:


Kurzbeschreibung:
Jaqueline Berger genießt ihr Leben in New York/USA und gönnt sich ab und an einen Test-Einbruch zur Kontrolle der Sicherheitsvorrichtungen renommierter Firmen. Ihr lockeres Leben gerät aber in den Hintergrund, als sie erfährt, dass es im 'Big Apple' noch mehr ihrer Art gibt: halbrassige Vampire! Allerdings möchte Jaqueline von diesen Abstand nehmen, als sie erfährt, wie abgeneigt die Halbrassigen den reinrassigen Vampiren gegenüber sind. Trotzdem nimmt sie eine Einladung von Pete Lockwood, dem Anführer der Halbrassigen, zu einer Versammlung derer an. Dort erfährt sie überrascht, dass die Halbrassigen einen Krieg gegen die reinrassigen Vampire planen und alarmiert direkt den Hohen Rat, welcher sofort die Großjägerin Diana-Marie Byron aus Wien/Ã sterreich abberuft. Doch scheinbar zu spät, denn die Halbrassigen starten die ersten Angriffe, die sich allerdings erstmal gegen JB richten, da sie in ihr eine gefährliche Verräterin sehen!


Meinung:
Einen wirklich sehr kurzweiligen Roman hat Autor Gunter Arentzen da erschaffen! Man lebt unbefangen mit der außergewöhnlichen Figur Jaqueline Berger in deren ebenso außergewöhnliche Tage hinein und rutscht langsam in das Vampir-Milieu von New York. Und somit dann auch in den beginnenden Krieg zwischen den halb- und reinrassigen Blutsaugern. So gewinnt der Roman mehr und mehr an Spannung und Action bis zu seinem furiosem Finale, dass wirklich eine dramatische Entwicklung in der Serie darstellen wird. Denn der Kampf zwischen den beiden Vampir-Gruppen hat gerade erst begonnen! Der Leser darf gespannt sein, wie es weiter geht...


Besonderheiten:
Erscheinungsdatum: Mai 2005
- Die New Yorker halbrassigen Vampire beginnen einen Krieg gegen die Reinrassigen
- erster Auftritt von Pete Lockwood, Anführer der halbrassigen Vampire
- Jaqueline Berger wird durch Diana-Marie Byron zu einer reinrassigen Vampirin
- erster Auftritt von Akira Mutsuhito, Großjägerin Nummer Zwei des Hohen Rates der Vampire
- Diana-Marie Byron wird von einem geheimnisvollen Scharfschützen mit einer Silberkugel vernichtet, welche eigentlich J.B. gelten sollte


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Einen Teil der Cover-Collage von Künstlerin Meike Förster gefällt mir ja recht gut. Das ist der Part mit dem Vampirgebiß, über welches genüßlich die Zunge streicht. Der Rest - ein grünliches Geäst und ein Teil eines Motorrades - wirkt irgendwie konfus und passt gar nicht zum Roman. Ist trotzdem noch 'in Ordnung'...


Coverbewertung:
2 Kreuze