Interview mit Oliver Döring auf der Buchmesse 2002 in Frankfurt


Auf der Buchmesse 2002 in Frankfurt bekam ich die Gelegenheit Oliver Döring, den Regisseur der neuen Sinclair Hörspiele, zu interviewen.

CD: Gleich zu Beginn eine der wohl häufigsten Fragen: Ist eine neue Sonderedition geplant, und wenn ja, welche Folge habt ihr dafür vorgesehen?

OD: Geplant ist auf jeden Fall wieder eine Sonderedition, aber der Titel steht noch nicht fest. Wir sichten gerade eine ganze Reihe von Stoffen und überlegen uns, welche Story wir nehmen können. Damit wird auch festgelegt, wie wir die Sondereditionen weiterführen und in welche Richtung wir damit gehen.

CD: Wird die Folge vertont, in der Will Mallmann zum Dracula II wird?

OD: Das liegt in der Heftserie ja noch ziemlich weit hinten, so daß ich das im Moment nicht 100%ig sagen kann. Aber wenn wir zu den späteren Romanen kommen, werden wir den Roman sicherlich berücksichtigen.

CD: Die erste Sonderedition "Der Anfang" erschien ja zusätzlich auf Vinyl. Wird es noch weitere Ausgaben auf Vinyl geben, oder war das eine einmalige Sache?

OD: Die Idee mit der Vinyl-Ausgabe kam von außen. Ich wurde gefragt, ob ich nicht Lust hätte, ein Master mit vier Einzelparts zu machen - für die vier Seiten der Doppel-LP. Ansonsten hatte ich damit wenig zu tun, weswegen ich leider nicht sagen kann, ob es noch einmal eine LP wird. Allerdings hat es mich sehr gefreut, mein Hörspiel auf Vinyl in Händen zu halten. Das hatte schon etwas, und ich hoffe, daß es noch weitere LPs geben wird.

CD: Durch den Erfolg der Hörspiele und der regen Nachfrage habt ihr ja im Moment ziemlich viel Arbeit. Wird euer Produktionsteam vielleicht vergrößert, um der Nachfrage auch schneller gerecht zu werden?

OD: Es ist nicht ganz so leicht, die entsprechenden Leute zu finden. Wir hören auch die Rufe der Fans nach mehr Output, aber darunter darf die Qualität auf keinen Fall leiden. Also müssen wir uns sehr genau überlegen, wie und wann wir neue Kapazitäten schaffen und mit wem wir ggf. zusammenarbeiten werden. Das dauert zwar noch etwas, aber wir arbeiten dran.

CD: Hat sich für dich durch "John Sinclair" persönlich etwas geändert?

OD: Jobmäßig hat sich insofern einiges geändert, als daß ich relativ lange in die Zukunft planen kann. Als Freiberufler stand ich früher quasi immer auf Abruf bereit. Da gab es sehr kurzfristige Entscheidungen, eine Auftragsarbeit zu übernehmen oder eine Serie z.B. fürs Radio zu produzieren. Durch Sinclair habe ich jetzt die Möglichkeit, erheblich vorausschauender zu planen. Dadurch habe ich inzwischen auch einen anderen Arbeitsrhythmus, was Vieles einfacher macht. Die Arbeit nimmt zwar ständig zu, wird aber nicht unbedingt schwieriger. So gibt es beim Abmischen Routinen, die einem irgendwann in Fleisch und Blut übergehen. Auch das Verfassen der Manuskripte wird leichter, weil die Serie jetzt eine Art Eigendynamik entwickelt hat, die meisten Charaktere eingeführt sind und vieles nicht mehr erprobt werden muß. Auch die Zusammenarbeit mit den Sprechern wird immer lockerer. Man kennt sich, der Stoff ist klar, und über vieles muß gar nicht mehr groß gesprochen werden.

CD: Welche neuen Sprecher wird es denn in Zukunft geben?

OD: Oh ja, einige sehr gute und bekannte Stimmen. Wir haben zum Beispiel den Klaus Sonnenschein, das ist die deutsche Stimme von Morgan Freeman und Gene Hackmann. Wir haben Andreas Fröhlich, der auch Edward Norton spricht, Oliver Rohrbeck ist auch wieder dabei. Dorette Hugo, die Stimme von Arielle der Meerrjungfrau, bzw. der Nancy aus der Nightmare Reihe, Marie Bierstedt, die Tochter von Detlef Bierstedt, bekannt als Willow aus der Serie Buffy konnten wir ebenfalls gewinnen. Außerdem sind Thomas Vogt, Dascha Lehmann, Friedrich Georg Beckhaus u.v.a. dabei.

CD: Wenn du inzwischen so viele Synchronsprecher von den Stimmen her kennst, kannst du dir eigentlich noch einen Film anschauen, ohne auf die Stimmen zu achten?

OD: Klar, das kann ich schon noch. Ich glaube das ist so, als wenn du Synchronschauspieler fragst, ob sie sich die Filme noch anschauen können, an denen sie mitgearbeitet haben - und das ist für die meisten gar kein Problem. Es macht sogar viel Freude, wenn man einen Film sieht, und dann plötzlich Stimmen wiedererkennt. Joachim Kerzel hörte ich zum Beispiel kürzlich wieder. Er hat in Spiderman den J. Jonah Jameson gesprochen, und ich habe mich dabei göttlich amüsiert, ich fand das einfach großartig.

CD: Das kann ich nur bestätigen. Ich halte Kerzel auch für die Idealbesetzung des Sprechers der Hörspiele, er strahlt so eine Ruhe und Vertrautheit aus.

OD: Eben. Kennt Ihr das Hörbuch "Der Exorzist"? Da spricht Joachim Kerzel den Roman auf sechs CDs. Ich wurde damals gefragt, ob ich das Hörbuch nicht mit Sounds, Schockeffekten und Musik inszenieren wollte. Natürlich wollte ich - Buch und Film hatten mich stark beeindruckt! Doch ich wußte dann doch nicht so recht, was mich erwartete, da ich mit Hörbüchern bisher weniger zu tun hatte. Als ich die Lesung dann zum ersten mal hörte, dachte ich nur: Toll! Joachim Kerzels Lesung ist so beeindruckend, daß ich gar nicht so viel machen mußte. Ich bin wirklich sehr froh, daß ich mit ihm zusammenarbeiten kann.

CD: Sind neue bzw. andere Musikgruppen für die Hörspiele eingeplant?

OD: Nein, erstmal nicht. Die Zusammenarbeit mit Blackmail beim "Anfang" war schon außergewöhnlich eng. So gibt es den Bonustrack, der ja in Wirklichkeit Schlußmusik ist, im Hörspiel selbst in einer etwas abgewandelten Version. Es ist das traurige Thema, daß sowohl am Ende zu hören ist, wenn John Sinclair den Schluß spricht, als auch zu Beginn in der Leichenhalle. Da bin ich Blackmail sehr dankbar für den Song, weil er wunderbar ins Hörspiel paßt. So etwas ist aber für die nächsten, regulären Hörspiele nicht geplant. Die Bonustracks für die 'normalen' Folgen kommen üblicherweise auch erst sehr spät zur Produktion. Mal sehen, ob sich da noch was ergibt.

CD: Wie weit ist den für die Hörspiele schon im Voraus geplant?

OD: Wir haben jetzt acht Hörspiele die wir noch produzieren, plus "Das Buch der grausamen Träume", was ja bei Weltbild schon erschienen ist - jetzt allerdings als Director's Cut, welcher ungefähr vier Minuten länger ist. Das werden dann drei Staffeln à drei Folgen sein. Und dann wird weitergeschrieben, und die Produktion neuer Hörspiele beginnt wieder ...

CD: Sind eigentlich TV, Radio oder Kinospots für die Hörspiele geplant?

OD: Einen Werbe-Trailer gab es ja schon in den Cinemaxx-Kinos, auf den wir sehr viel positive Resonanz bekommen haben. Ich denke, daß das eine ganz wichtige Maßnahme war, die sich allerdings auch eher für einen Longplayer wie "Der Anfang" lohnt. Für die eigentliche Serie wäre sowas vielleicht ein bißchen zu aufwendig. Eine reguläre Sinclair-CD ist nun mal ein Mitnahmeprodukt - sie kostet so um die 7.50, was nicht wirklich viel ist. Aber so, wie der "Anfang" im Handel plaziert wurde - dafür lohnt sich so ein Kinotrailer auf jeden Fall. Das es mal Fernsehspots geben wird, möchte ich natürlich nicht ausschließen, aber geplant ist meines Wissens im Moment nichts. Aber im Grunde bin ich nicht der richtige Ansprechpartner für diese Fragen.

CD: Es geht ja nicht nur um den Longplayer, sondern auch darum, das die Serie allgemein bekannter wird. Man sieht sie in den Plattenläden jetzt zwar schon mal, aber oft muß man noch danach fragen.

OD: Ich denke, daß sich das mit der Zeit noch ändern wird. Wir haben durch den Longplayer jetzt doch eine relativ große Publicity bekommen, und viele Leute sind wegen des Longplayer zur Serie gestoßen. Vorher wußten viele gar nicht, daß es neue, moderne John Sinclair-Hörspiele gibt. Ich glaube, daß es gut ist, wenn das Interesse auf diese Weise wächst. Man darf auch nicht übertreiben, sonst ist irgendwann eine Sättigung da, und dann wird es auf einmal wieder langweilig. Das Team von WortArt macht das meiner Meinung nach genau richtig - die schätzen den Markt sehr realistisch ein, was ungeheuer wichtig für den Fortbestand der Serie ist.

CD: Die Gesichter hätten sicherlich viele gerne gesehen, als ihr erfahren habt, daß das Hörspiel in den Charts eingestiegen ist.

OD: Ich habe das sehr spät erfahren. Tief im Inneren habe ich gehofft, vielleicht eine Woche lang irgendwo zwischen Platz 90 und 100 zu landen - einfach mal die Charts anzukratzen, um zu zeigen, das auch ein Hörspiel da sein kann. Aber als ich dann erfuhr, das es Platz 42 ist, bin ich aus allen Wolken gefallen. Ich war gerade im Media Markt mit meinem Schwiegervater, als die Nachricht übers Handy kam. Wir haben uns unheimlich gefreut, es war ein sehr bewegender Moment. Der Korken der Champagner-Flasche, die wir an diesem Abend getrunken haben, steht seitdem bei mir auf dem Schreibtisch. Daß wir dann insgesamt 9 Wochen in den Charts geblieben sind, damit hat von uns natürlich niemand gerechnet. Dieser Erfolg hat uns schon sehr berührt, und für uns ist er eine Verpflichtung entsprechend weiter zu machen.

CD: Durch so einen Erfolg wird es jetzt natürlich auch schwierig den so gesetzten "Standard" zu halten.

OD: Sicher ist es das, aber gerade das ist ja auch die Herausforderung! Als wir die ersten sechs Folgen machten, wußten wir auch nicht, ob das einschlagen wird oder ob das abgelehnt wird. Das war auch schwierig. Insofern werden wir immer versuchen unser Bestes zu geben. Ich will auch gar nicht ausschließen, daß mal Hörspiele herauskommen, die vielleicht nicht ganz so gut ankommen - das war auch in der Vergangenheit so. Aber das gehört zum Geschäft.

CD: Sehr wichtig für die Hörer ist ja nicht nur die Story, sondern auch die Stimmung, die das Hörspiel vermittelt. Viele Kleinigkeiten machen so etwas aus, wie Geräusche, Effekte und die passende Musik.

OD: Natürlich müssen auch wir einiges recyceln, wir können nicht für jedes Hörspiel eine eigene, neue Musik komponieren lassen, aber es kommt immer wieder neue Musik dazu. Und wir kaufen für jede neue Staffel auch neue Sounds ein, so das wir den Hörer akustisch auch immer wieder überraschen können.

CD: Wann wird es den die nächsten Hörproben im Internet geben?

OD: Sobald ich etwas vorweisen kann. Wir kommen jetzt dann in die Postproduktion, bei der alles abgemischt wird. Sobald dann alles gegengehört und abgenommen wurde, werden sicherlich die nächsten Hörproben im Netz erscheinen. Das handelt sich hoffentlich nur noch um einige Wochen ...