Interview mit Dan Shocker (2003)
CD: Sie waren der erste Autor, der in
Deutschland eine Gruselromanserie veröffentlichte. Wie sind sie eigentlich
zur Literatur gekommen ?
DS: Bücher waren schon immer meine Leidenschaft.
Dies ging soweit, dass ich im Alter zwischen 14 und 20 teilweise jeden Tag
ein Buch gelesen habe. Es war die Zeit der Leihbücher, die man sich
für wenige Pfennige ausleihen konnte. Ich habe eigentlich fast alles
gelesen, nur Western waren nicht so mein Metier. Bereits in der Schule habe
ich begonnen, eigene abenteuerliche Geschichten zu verfassen.
CD: Die ersten Larry Brent Romane enthielten wenig Gruselelemente. Wie kam
der Wandel von Krimi zum Grusel zustande?
DS: Der Zauberkreis-Verlag suchte damals etwas total neues, ich bekam keinerlei
Vorgaben und entschied mich für einen Versuch in die Horror-Richtung.
Da dieses Genre aber noch gänzlich neu war, gab es für mich keinerlei
Vorbilder. Mit dem Roman "Das Grauen schleicht durch Bonnards Haus" verwirklichte
ich eine Idee, bei der weder der Verlag, noch ich wussten, wie sie beim Leser
ankommt. Ich tastete mich langsam an den Gruselstil heran, dies erforderte
viel Fingerspitzengefühl, auch im Hinblick auf den Jugendschutz. Durch
den überraschenden Erfolg der Serie konnte ich auch okkulte Ideen umsetzen.
So entstand der erste Gruselroman.
CD: Wie ist eigentlich das Pseudonym Dan Shocker
entstanden?
DS: Der hat seinen Ursprung in der Western-Fernsehserie "Bonanza". Da gab
es die Figur des Hoss, gespielt von dem Schauspieler Dan Blocker. Von ihm
übernahm ich den Vornamen. Und die englische Umschreibung für
Horrorfilme und Bücher war eben "Shocker". Fertig war der Name.
CD: Insgesamt haben Sie ja mehr als 200 Romane alleine für die Larry
Brent Serie geschrieben. Wie lang dauerte es, bis ein Roman fertiggestellt
war?
DS: Ich brauchte etwa acht bis zehn Tage. Zum Teil habe ich mir Vorgaben
gesetzt, wie lang ich für eine Seite brauchen durfte und habe versucht,
das mit Hilfe einer Stoppuhr auch einzuhalten. Der Zeitdruck war immer sehr
groß.
CD: Hatten Sie eigentlich auch Einfluss auf die Titelbilder, und wie sind
diese entstanden?
DS: Der Zeichner R. S. Lonati, kurz Lo, bekam von mir meine Vorstellungen
mitgeteilt. Diese hat er dann 1 zu 1 umgesetzt. Zwar hatte er am Anfang etwas
Schwierigkeiten, da er vorher eigentlich eine ganz andere Richtung malte,
aber er hat sich wunderbar an den Stoff herangearbeitet, und mit einem
großen Detailreichtum meine Ideen umgesetzt.
CD: Vor allem die Schauplätze, die zum großen Teil auch real
existieren, haben viele Leser fasziniert. Haben Sie diese Schauplätze
wie z.B. das "Tavern on the Green" selbst besucht?
DS: Leider habe ich das nicht. Ich habe viel mit Stadtplänen gearbeitet,
um einen gewissen Wiedererkennungswert herzustellen und eine gewisse
Realität. Das "Tavern on the Green" kenne ich nur von Fotos, die mir
eine Bekannte mitgebracht hat. Jedoch habe ich auch meine Urlaubsorte in
den Romanen verwendet.
CD: David Gallun nahm eine besondere Rolle in den Romanen ein. In der SGK-Reihe
wurde er in dem Roman "Larry Brents Totentanz" durch Dr. Satanas getötet.
In der eigenständigen LB-Reihe hingegen nur schwer verletzt. Warum gab
es diese Änderung?
DS: X-RAY-1 war in den Romanen eine sehr beliebte Figur. Ich hatte vor, ihn
eines Tages zurückkehren zu lassen, damit LB sich wieder auf die
eigentlichen Fälle konzentrieren konnte. Vor allem wurde auch die
Doppelbelastung von X-RAY-3 zu groß und mit der Zeit immer unrealistischer.
Die daraus resultierenden Verstrickungen wurden zu komplex. Die Rückkehr
von Gallun hätte dies alles aufgelöst, und die Romane wieder in
eine andere Richtung gelenkt.
CD: David Galluns technischen Hilfsmittel in den Romanen waren, wie die Inhalte
der meisten Ihrer Geschichten, der gegenwärtigen Zeit weit voraus.
Atomunfälle, Umweltprobleme, Mutationen. Haben Sie sich alle Handlungen
ausgedacht, oder gab es reale Figuren oder Ereignisse, an die Sie die Romane
angelehnt haben?
DS: Teils teils. Einiges war Fantasie, bei anderen habe ich reale Ereignisse
zum Vorbild gehabt. Der Roman "Die Müllmonster" entstand nach einem
Müllskandal in Hanau, bei dem eben Fässer mit Giftmüll illegal
im Wald abgeladen wurden. Die Personen habe ich Freunden und Bekannten angepasst.
Ein Fan aus Norwegen hat mal den Wunsch geäußert, er wäre
gern ein Agent. So bekam ein Agent dessen Namen: Tom Kvaale.
CD: Haben Sie alle LB-Romane selbst geschrieben?
DS: Bis auf vier Romane habe ich alle selbst geschrieben. Bei diesen Romanen
war es leider unumgänglich, dass ein anderer Autor meinen Part
übernommen hat. Ich war zu stark beschäftigt und hätte Termine
nicht einhalten können. Doch so ganz glücklich war ich mit der
Lösung nicht. Ich hätte die Romane gern selbst
geschrieben.
CD: Sie haben quasi gleichzeitig an den Serien Macabros, Ron Kelly und Larry
Brent gearbeitet. Welche Serie hat Ihnen beim Schreiben am meisten Spaß
gemacht?
DS: Das war eigentlich immer die Serie, an der ich gerade schrieb. Es war
immer spannend, mit einem Serienwechsel auch in einer anderen Richtung zu
schreiben, aber beim Schreiben mochte ich alle Serien. Es gab keine, die
ich nicht gern geschrieben habe.
CD: Haben Sie nach so langer Zeit noch alle Eckdaten, Erscheinungsdaten,
Chronologien im Kopf?
DS: Alles natürlich nicht, das ist zu komplex, aber der spätere
Leiter des Dan Shocker Fan-Clubs Uwe Schnabel hat dies alles akribisch gesammelt.
Er ist ein Fan der ersten Stunde und hat sich nicht nur aufopfernd um den
Marlos Fanclub gekümmert, sondern mir auch bei meinem privaten Archiv
geholfen.
CD: In den 80'er Jahren begann sich auch EUROPA für die Romane zu
interessieren, und sie als Hörspiele auf den Markt zu bringen. Insgesamt
erschienen 15 Hörspiele, wobei die Folge Nr. 9 "Die Schlangenköpfe
des Dr. Gorgo" indiziert wurde. Gab es mit den Romanen ähnliche Probleme
im Bezug auf den Jugendschutz?
DS: Nein, niemals! Das lag wohl daran, dass mir der subtile Horror besser
gefiel als reine Blutschlachten. Zudem habe ich von vorneherein versucht,
allzu brutale Szenen zu vermeiden. Gewalt kam eigentlich nur in geringem
Teil vor, da für mich die Spiele mit der Macht wichtiger
waren.
CD: Zu den neuen Hörspielen, die ja im Jahre 2003 erschienen sind, hat
EUROPA eine Live-Show "Europa on Tour" gemacht. Haben Sie die Umsetzung gesehen?
Wenn ja, wie hat es Ihnen gefallen?
DS: Ich habe die "Europa on Tour"-Show live gesehen und fand sie technisch
gut umgesetzt. Die Macher haben sich sehr viel Mühe gegeben und viel
Arbeit hineingesteckt. Dennoch gab es viel Fankritik. Optisch gab es eine
Art Diashow. Das war vermutlich den meisten zu wenig. In einer Zeit der Fernseh-,
Video- und PC-Generation ist man durch "lebende" Bilder eben sehr
verwöhnt.
CD: Um wieder auf die gedruckten Werke zurückzukommen: Im
Blitz-Verlag erscheinen
derzeit neue, von Fremdautoren geschriebene, Larry Brent Romane. Werden diese
Romane nach Exposes von Ihnen geschrieben?
DS: Nein, die Autoren haben "freie Hand", jedoch bekomme ich vor dem Druck
die Scripte von Jörg Kaegelmann zugeschickt, um sie mir anzusehen. Danach
werden sie auf Unstimmigkeiten bzw. logische Fehler Korrektur gelesen, werden
bei Bedarf verbessert, in Absprache mit dem Autor natürlich, und gehen
anschließend ins Lektorat und in den Druck.
CD: Schreiben Sie heute noch?
DS: Wenig. Soweit es meine Gesundheit zulässt, schreibe ich noch
Klappentexte für die hauptsächlich esoterischen Bücher, die
im Grasmück-Verlag verlegt werden.
CD: Vielen Dank für Interview! www.gruselromane.de wünscht ihnen
und ihrer Familie Gesundheit und alles Gute für die
Zukunft.
Dieses Interview ist eine gekürzte Fassung. Das vollständige Interview
wird vermutlich Anfang 2004 im "Larry Brent Lexikon" von Christian Daber
im
Atlantis-Verlag
erscheinen.