John Sinclair Nr. 578: Die Geisel

John Sinclair Nr. 578: Die Geisel


Das Haus stand im südlichen London, zudem relativ einsam, ideal für ein Verbrechen! Um diese mitternächtliche Stunde strahlten es lichtstarke Scheinwerfer von vier verschiedenen Seiten an, und in der Dunkelheit lauerten Scharfschützen. Sie hatten die Mündungen ihrer schweren Waffen auf den Eingang, die Fenster und gegen die Fassade gerichtet. Die Männer waren trainiert, souverän und ruhig. Sie ließen sich auch durch das Blaulicht der Streifenwagen nicht stören. Etwas entfernt stand ein Einsatzwagen, wo Captain Cliff Hamilton hockte, der Einsatzleiter. Er starrte auf die vier Monitore, die ihm das Bild draußen wiedergaben. Der Captain war nervös.


von Jason Dark, erschienen am 31.07.1989, Titelbild: Nicolai Lutohin

Rezension von Florian Hilleberg:


Kurzbeschreibung:
Ein Geiselnehmer, der sich selbst als Zombie bezeichnet, hat die beiden Töchter eines Geldverleihers in seine Gewalt gebracht und fordert 500.000 Pfund Lösegeld, die ihm von John Sinclair überbracht werden sollen. Die Übergabe findet auf einer alten Brücke statt. Nachdem eine der Geiseln das Geld an sich genommen hat, verschwindet der Entführer mit seinem Fluchtwagen, nicht ohne zuvor eine der Geiseln zu ermorden. John informiert seine Kollegen, doch als er zu der Toten zurückkehrt ist die Leiche spurlos verschwunden. Der Geisterjäger lässt die Kollegen wieder abrücken und ruft seinen Partner Suko an, damit dieser ihn unterstützt. John beschließt bei dem Vater der beiden entführten Frauen zu warten, doch David Brookman kann John keine weiteren Anhaltspunkte bieten. Doch für John und Suko ist die Nacht noch lange nicht zu Ende und entwickelt sich zu einem Alptraum hinter dem ein Feind steckt, der es an Perfidität selbst mit dem Schwarzen Tod aufnehmen kann…


Meinung:
Der gut zwanzig Jahre alte Roman stammt aus einer sehr bewegten Zeit im Leben von John Sinclair. Sein guter Freund Will Mallmann ist erst kürzlich zum Vampir geworden und hat es geschafft die Mutter des Geisterjägers zu entführen, um mit ihr als Druckmittel den Oberinspektor zu erpressen, damit dieser dem Vampir den sagenumwobenen Blutstein besorgt. Daher ist John bei dem vorliegenden Fall natürlich emotional belastet, muss er doch ständig noch an seine Mutter denken, die sich in der Gewalt eines skrupellosen Blutsaugers befindet. Der Roman beginnt als waschechter Krimi mit unheimlichen Anteilen, der von Jason Dark gekonnt in Szene gesetzt wurde. Die Dialoge werden auf den Punkt gebracht, Sachverhalte werden nicht wieder und wieder durchgekaut und in Ermangelung von Handys halten sich auch die Telefonate in Grenzen. Darüber hinaus ist es dem Autor hervorragend gelungen, die Identität des Kidnappers geheim zu halten und den Wissensstand des Lesers auf dem Level zu halten, auf dem sich auch der Ich-Erzähler John Sinclair befindet. Als die Untote erscheint, um den Vater der Geiseln zu töten, kommt Suko gerade noch rechtzeitig um das Schlimmste zu verhindern. Doch anstatt die Untote nur zu bedrohen und eventuell noch Informationen von ihr zu erhalten, vernichtet sie der Inspektor sofort. Für einen erfahrenen Geisterjäger eine etwas unbedachte Handlung.
In der zweiten Hälfte verliert der Roman leider einiges an Rasanz und Tempo, was an den langatmigen Szenen aus der Sicht der Geisel liegt. Despektierlich und intolerant ist auch das Verhalten von John und Suko gegenüber eines Nachtwächters einer Mülldeponie, der sich zwar auch nicht von der sympathischen Seite zeigt, aber ihn ständig als menschliche Qualle zu bezeichnen zeugt von einem klischeebehafteten Vorurteil gegenüber dickleibigen Menschen. Zudem ist es unglaubwürdig, dass der Nachtwärter, nachdem ihm der Ausweis von Scotland Yard vor die Nase gehalten wurde, dennoch versucht handgreiflich zu werden. Ein Punkt der für sich eine Kleinigkeit darstellt, im Kontext den Lesespaß aber dennoch trübt. Erst zum Finale hin steigen Dramaturgie und Qualität der Geschichte wieder an und konfrontieren den Geisterjäger mit der ganzen Diabolik seiner Gegner. Ein Fall, der John Sinclair seine Grenzen aufzeigt und erstaunlich lebensnah ist, denn auch dämonische Geschöpfe benötigen Geld, wenn sie in der Welt der Menschen unauffällig agieren wollen. Bemerkenswert ist außerdem, dass auch schon vor zwanzig Jahren das Wörtchen "verdammt" zu Jason Darks liebsten Füllworten zählte.


4 von 5 möglichen Kreuzen:
4 Kreuze


Kommentare zum Cover:

Ein Titelbild des leider verstorbenen Nikolai Lutohin, dass den maskierten Entführer genauso zeigt, wie im Roman beschrieben, und zwar in der finalen Schlussszene. Der Stil von Lutohin ist sehr plakativ, besitzt aber einen eigenen, unverkennbaren Stil, der nicht kopiert werden kann.


Coverbewertung:
3 Kreuze